G20: Show für Egomanen oder Hoffnung für die Welt?

Offiziell stehen auf dem G20-Gipfel die Zukunft der Arbeit und die Welternährung auf der Tagesordnung. Doch dominieren werden in Buenos Aires wohl aktuelle Themen: der wieder aufgeflammte Ukraine-Konflikt, der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie der Fall Khashoggi. Europas Kommentatoren fragen sich, was die G20 angesichts dieser Themen zu leisten vermögen.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Große Bühne für große Egos

Keine großen Erwartungen an den Gipfel hat die Süddeutsche Zeitung:

„Es fehlt der konstruktive Gedanke, es fehlt der Wille zum Kompromiss. Gipfeltreffen wie jenes in Buenos Aires werden zur schnelleren Gesprächsabwicklung wahrgenommen. Speed Dating unter den Wichtigen der Welt. Immerhin: Es wird geredet, aber die Gipfelagenda ist sekundär, wichtig ist die Bühne für das Ego. Buenos Aires wird geprägt sein von den Pogo-Tänzen zwischen Trump und Xi, Trump und Putin, den protokollarischen Verrenkungen zur Vermeidung einer persönlichen Begegnung der Herren Erdoğan und bin Salman. Das ist zu wenig, um den Anschein guter Politik aufrechtzuerhalten.“

Dagens Nyheter (SE) /

EU hat nichts zu melden

Dagens Nyheter zeigt sich ähnlich zurückhaltend:

„Keiner sollte erwarten, dass auf dem Gipfel mehr als Gesten produziert werden. ... China hat nicht die Absicht, sein staatskapitalistisches, zunehmend repressives Modell abzuschaffen. Im Gegenteil, im Zuge des rasanten Wachstums der letzten vier Jahrzehnte hat China sein Militär aufgerüstet und den Einfluss der USA in Asien und anderswo infrage gestellt. Die EU hat berechtigte Einwände gegen Chinas Wirtschaftspraxis und würde gern mit den Vereinigten Staaten an einem Strang ziehen. Doch stattdessen muss sich die EU wegen der neuen US-Umgangsformen sorgen und zusehen, wie Trump einen Handelsfrieden mit China schließt, der andere außen vor lässt.“

The Times (GB) /

Dieses Forum war nie wichtiger

Als eine einmalige Chance, überregionale Probleme zu lösen, sieht hingegen The Times die Zusammenkünfte im G20-Format:

„Die Rolle der G20 scheint heute bedeutsamer zu sein als je zuvor. Abgesehen von der UN-Generalversammlung handelt es sich hierbei um das einzige globale Forum, das die Supermächte der Welt zusammenbringt. ... Natürlich sind Abmachungen, die auf bilateraler Ebene getroffen werden, wichtig. Doch diese können niemals ein Garant für globale Stabilität sein. Die Welt kann aus der derzeitigen Phase geopolitischer Unbeständigkeit nur dann herauskommen, wenn ein neuer Konsens starken globalen Regeln ein Primat einräumt. Die G20 bieten dafür nach wie vor die beste Chance – auch wenn es so aussieht, als würden die Hoffnungen vorerst unerfüllt bleiben.“

Korrespondent (UA) /

Trumps Gegner denken nicht an Ukraine

Nach einigem Hin und Her hat Trump das bilaterale Treffen mit Putin am Rande des Gipfels kurzfristig abgesagt. Für die Ukraine eine schlechte Nachricht, meint Politologe Wolodymyr Wolja in Korrespondent:

„Dank der innenpolitischen Gegner von Präsident Trump kommt es nicht zu einem Treffen. Wenn sie doch nur ein bisschen an die Ukraine gedacht hätten. ... Doch sie dachten vor allem daran, wie sie ein weiteres Mal Trump treffen können. Präsident Petro Poroschenko lobte Trump für seinen Verzicht auf das Treffen mit Putin. Er schrieb auf Twitter: 'So handeln echte Staatsmänner!' Doch wie werden nun die Anführer Deutschlands, der Türkei und anderer Staaten aussehen, die ihre Absicht erklärten, auf dem Gipfel mit dem Präsidenten Russlands den Kertsch-Zwischenfall und die Rückkehr der ukrainischen Matrosen zu diskutieren?“