Merkel entfernt Bilder von Emil Nolde

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zwei Gemälde des Malers Emil Nolde aus ihrem Büro entfernen lassen. Der Expressionist wurde von den Nazis zwar als "entarteter Künstler" diffamiert. Er war selbst allerdings Antisemit, Rassist und überzeugter Nationalsozialist. Darf man die Kunst von Malern wie Nolde zeigen?

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Gazeta Wyborcza (PL) /

Der Fall Grass macht Kanzlerin vorsichtig

Merkels Entscheidung ist richtig, kommentiert Gazeta Wyborcza:

„Sicher, für Merkel ist in diesem Fall Vorsicht besser als Nachsicht. Sie entfernt Werke umstrittener Künstler, die mit den Nazis in Verbindung stehen, um sich Probleme zu ersparen. Es genügt, sich an die Welle der Kritik zu erinnern, die vor 13 Jahren über Deutschland hereinbrach, als der bekannte deutsche Schriftsteller und Nobelpreisträger Günter Grass zugegeben hat, dass er als Jugendlicher gegen Kriegsende in der Waffen-SS gedient hat. Ihm wurde Heuchelei vorgeworfen, weil er seinen Dienst verschwiegen hatte, Zeit seines Lebens aber gegen ehemalige Nazis kämpfte und den Deutschen vorwarf, die Kriegsvergangenheit ihrer führenden Künstler zu ignorieren. Das Thema ist immer noch schmerzhaft, weil viele einflussreiche Parteimitglieder und Verbrecher im Nachkriegsdeutschland Karriere gemacht haben.“

Die Presse (AT) /

Nolde gehört nur im Kanzleramt abgehängt

Bundeskanzlerin Merkel hat die Nolde-Bilder zurecht abgehängt, urteilt auch Die Presse - verteidigt die Bilder aber zugleich gegen Generalkritik:

„Miese Gestalten können höchste Kunst schaffen: Mit dieser Ambivalenz muss eine reife, liberale Gesellschaft leben können. Ohne zu verstecken, kaschieren und beschönigen, wie es die Nachkriegsgeneration getan hat. Nolde gehört nicht abgehängt, sondern der aufklärende Kommentar dazugehängt. Das könnte sogar - nur scheinbar paradox - seine heute allzu gefällig wirkenden Dahlien, Meereswellen und Heiligen wieder relevant machen. Allein: Ins deutsche Kanzleramt gehört Nolde nicht. Mit ihm ist 2019 kein Staat mehr zu machen - und kein Raum zu schmücken, in dem sich eine Nation ihren Gästen präsentiert. “