Balkan-Gipfel: Hat die EU einen Plan?

Merkel und Macron haben in Berlin die Vertreter von acht Balkan-Staaten zusammengebracht, mit dem Ziel, Bewegung in den Streit zwischen Serbien und Kosovo zu bringen. Mit am Tisch saß auch EU-Außenbeauftragte Mogherini, die in dieser Frage zuletzt einen Gebietstausch ins Spiel gebracht hatte. Dagegen sperrt sich Berlin zu Recht, finden Kommentatoren und fragen nach Europas Strategie für die Balkanregion.

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Der Tagesspiegel (DE) /

Büchse der Pandora nicht öffnen

Für den Tagesspiegel ist es nur zu verständlich, dass sich die deutsche Regierung gegen einen Gebietstausch zwischen Serbien und dem Kosovo sträubt:

„Soll doch diese Grenzkorrektur Volksgruppen aus ihrer Minderheitenrolle im einen Staat lösen, und sie der jeweiligen ethnischen Mehrheit im anderen Land zuordnen. Nicht nur für Angela Merkel käme eine neue Grenzziehung dem Öffnen der Büchse der Pandora gleich, denn ähnliche Konflikte schwelen auch anderswo in Europa. Herausragendstes Beispiel ist Ungarn, das durch die nach dem Ersten Weltkrieg gezogenen neuen Grenzen mehr als die Hälfte seines Territoriums und seiner Bevölkerung verlor. Dieses Trauma belastet die ungarische Politik und Südosteuropa bis heute.“

Večernji list (HR) /

Gegen fremde Pranken auf dem Balkan

Dass der Balkan-Gipfel ein Versuch der Europäischen Union ist, den Einfluss der USA zu beschränken, meint Večernji list:

„Jedes Mal, wenn die europäische Achse Deutschland-Frankreich in Sachen Westbalkan beziehungsweise Südosteuropa aktiv wird - einer Region, bei der man sich nicht mal über deren Bezeichnung einig ist -, haben sie 'äußere' Einflüsse im Blick, vor allem den der USA, der Türkei und Russlands. Wenn sie spüren, dass diese Mächte versuchen, ihre Pranke auf die Balkanregion zu legen, ganz unauffällig oder auch offensichtlicher, fällt Europa ein, zu handeln. Denn der Status quo ist am gefährlichsten: An der Oberfläche ist es still, darunter brodelt es.“

Večer (SI) /

Die EU in der Zwickmühle

Endlich interessiert sich die EU doch noch für den Balkan, stellt Večer fest:

„Das Treffen mit den Staatschefs des sogenannten Westbalkans hat eine neue Strategie seitens Europa angedeutet. Damit diese nicht von Russland und den USA kreiert wird, ist Europa erwacht. … Was hat sich also verändert, dass der Kontinent den Balkan bemerkt? Vor allem haben sowohl Russland als auch China begonnen, auf die strategisch und wirtschaftlich wichtige Balkanhalbinsel vorzudringen. … Doch weiß die EU noch immer nicht, was sie mit dem Balkan anfangen soll. Sie fürchtet Instabilität in der Region ebenso wie eine Erweiterung. Vor allem in Zeiten des Aufstiegs rechtsextremer Parteien.“