Brics: Wachsendes Gegengewicht zum Westen?
Bei ihrem Gipfel in Rio de Janeiro haben die Brics-Staaten die militärischen Angriffe auf das Mitgliedsland Iran und den Gaza-Krieg verurteilt. Brasiliens Präsident und Gastgeber, Lula da Silva, kritisierte zudem die Aufrüstungspläne der Nato, sprach von "falscher Prioritätensetzung" und forderte mehr Engagement für Entwicklungshilfe. Kommentatoren debattieren die Bedeutung des Bündnisses.
Bunter Club mit gegensätzlichen Interessen
Der Brics ist viel zu gespalten, um eine ernsthafte Konkurrenz für den Westen darzustellen, urteilt e-vestnik:
„Die Organisation entwickelt sich zu einem bunten Club von Ländern mit unterschiedlichen, manchmal gegensätzlichen Interessen. China gibt noch die Richtung vor, aber seine Dominanz stößt auch auf Widerstand. Xi Jinpings Weigerung, nach Rio de Janeiro zu fliegen, ist ein Signal, dass selbst der Chefideologe der Vereinigung beginnt, an ihrer Lebensfähigkeit zu zweifeln. Ohne die persönliche Anwesenheit von Putin und Xi, die in der Vergangenheit den Ton angegeben haben, wird der Gipfel zu einer Formalität. Und damit schwindet auch die Illusion, dass die Brics-Staaten ein organisiertes Gegengewicht zur westlichen Welt bilden können.“
Die Zeitenwende im Blick haben
Brics setzt auf Projekte, die vielversprechend sind, glaubt die taz:
„Brics stellt für viele Länder eine reale Alternative zu den USA und Europa dar. ... Die großen Projekte einer alternativen Weltbank und einer eigenen Leitwährung, um den Dollar abzulösen, entwickeln sich zwar nur langsam, die Handelsbeziehungen und Investitionen aber wachsen stetig. Und Brics knüpft sie nicht an moralische Standards. Der westliche Anspruch an eine regelbasierte Weltordnung gilt längst als scheinheilig – jüngst zeigt das der Umgang mit Israel, das sich nicht um das Völkerrecht in Gaza schert. Die Frage bleibt noch, ob Europa die Zeitenwende verstanden hat.“
Ein wichtiges Treffen
Eleftheros Typos erläutert die Bedeutung des Zusammenschlusses:
„Das zerstrittene westliche Lager wäre unklug, ein Treffen zu ignorieren, das 50 Prozent der Weltbevölkerung und 40 Prozent des Welt-BIP repräsentiert. Vor allem, wenn es drei Atommächte (Russland, China, Indien) umfasst und sein Intrahandel in den letzten zehn Jahren um atemberaubende 10,7 Prozent pro Jahr gewachsen ist – das Dreifache der Wachstumsrate des Welthandels. Die Abwesenheit von [Chinas Präsident] Xi Jinping, der von Premierminister Li Qiang vertreten wird, und von [Russlands Präsident] Putin, der per Videogespräch zugeschaltet ist, ändert nichts an der Bedeutung des Gipfels.“