Estlands Innenminister irritiert mit Nato-Aussagen

In einem Interview mit der finnischen Zeitung Iltalehti am 19. November hat der estnische Innenminister Mart Helme erklärt, sein Land arbeite mit Lettland und Litauen an einem "Plan B" in Sachen Verteidigung: einer Alternative zur Nato, falls diese bei einem Angriff Russlands nicht einschreitet. Fahrlässiger Fauxpas oder eine Strategie, die auch für andere Staaten eine Option sein könnte?

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Eesti Päevaleht (EE) /

Fauxpas spielt Kreml in die Hände

Eesti Päevaleht macht sich Sorgen über die möglichen Auswirkungen der Aussage:

„Ja, Verteidigungsstrategen müssen sich auf alles vorbereiten, einschließlich der spontanen Richtungswechsel Donald Trumps, und vielleicht hat Helme dieses alltägliche Verhalten einfach überbewertet. Dass ein einflussreicher estnischer Minister mit diesen Zweifeln aber an die Öffentlichkeit geht, spielt der Kreml-Propaganda so sehr in die Hände, dass man sich fragen muss, ob es sich hierbei wirklich um einen Zufall handelt. Helme sollte mittlerweile gelernt haben, wie schwer das Wort eines Ministers wiegt.“

Õhtuleht (EE) /

Alternativer Verteidigungsplan darf kein Tabu sein

Õhtuleht hält die öffentliche Empörung für unangebracht:

„Wenn selbst ein weiser Bauer nicht alle Eier in einen Korb legt, dann wäre es doch schon sehr verwunderlich, wenn wir für die Landesverteidigung keinen Alternativplan in der Hinterhand hätten. ... Manchmal scheint es, als müsste alles aus Helmes Mund allein wegen seiner Person schlechtgeredet werden, wobei auch er natürlich zu diesem Reflex stark beigetragen hat. Jetzt ist nur die Frage, ob er log, als er über einen Notfallplan sprach, der in Wirklichkeit gar nicht existiert, oder ob er ein Staatsgeheimnis ausgeplaudert hat.“

Webcafé (BG) /

Auch Bulgarien sollte andere Partner suchen

Nicht nur Estland, auch Bulgarien sollte sich über die Zuverlässigkeit der Nato Gedanken machen, warnt Webcafé:

„Länder wie Estland und Bulgarien gehören wegen ihrer strategischen Lage zu den vewundbarsten in der Nato. … Während für die Esten eine engere Zusammenarbeit mit ihren Nachbarstaaten, Deutschland und den USA ein möglicher Plan B wäre, ist die Lage in Bulgarien spezieller. … Wir gravitieren immer noch im Einflussbereich Russlands. Für Moskau sind wir nichts weiter als ein Satellitenstaat, der in die falsche Umlaufbahn geraten ist, aber früher oder später wieder eingefangen wird. … Wir grenzen zwar an die Türkei, die über eine der modernsten Armeen der Welt verfügt, die zweitgrößte in der Nato. Doch können wir wirklich darauf vertrauen, dass Ankara uns im Ernstfall vorbehaltlos hilft?“