Schweiz: Knappes Nein für strengere Konzernhaftung

Die so genannte Konzernverantwortungsinitiative (KVI) in der Schweiz ist am Sonntag knapp gescheitert. Zwar votierten die Wähler mit 50,7 Prozent dafür, Schweizer Unternehmen, die im Ausland gegen Menschenrechte und Umweltstandards verstoßen, in ihrem Heimatland zivilrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen. Doch die Mehrheit der Kantone (darunter fast alle deutschsprachigen) lehnte die Initiative ab.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Land macht sich selbst was vor

Die Süddeutsche Zeitung bedauert den Ausgang des Referendums:

„Die Gegner schrien auf: 'Schädlich für die KMU und ihre Auslandsgeschäfte!' ... Aber: Die Schweiz ist nicht 'ein einziges KMU', wie die linke 'Wochenzeitung' kürzlich richtig bemerkte. Sie beherbergt mehr global tätige Großfirmen pro Million Einwohner als die USA. Viele davon müssen sich immer wieder dafür rechtfertigen, dass in ihrer Lieferkette Unrecht passiert. Die Schweiz hat außerdem eine Nationalbank, die weltweit Milliarden investiert, um den Franken so schwach wie möglich zu halten. Bei solchen Dimensionen sollte das Land ehrlicher mit sich selbst sein. Es muss Verantwortung übernehmen. Leider sah das die Mehrheit der Schweizer an diesem Sonntag anders.“

La Tribune de Genève (CH) /

Der Druck wird trotzdem größer

Nutzlos war die Abstimmung keineswegs, glaubt La Tribune de Genève:

„Die Kampagne wird unabhängig von ihrem Ausgang tiefe Spuren hinterlassen. Einige multinationale Konzerne, die infrage gestellt und zur Rechtfertigung ihrer Praktiken sowie zur öffentlichen Stellungnahme gezwungen wurden, haben die Gefahr wahrgenommen. Sie wissen nun, dass sie überwacht werden und für Handlungen, die in ihrem Namen am anderen Ende der Welt geschehen, moralisch, wenn nicht sogar juristisch zur Verantwortung gezogen werden. … Die anderen müssen sich gegenüber ihren Zulieferern baldigst aufmerksamer zeigen. An diesem Sonntag sind sie den Fängen der Justiz nochmals entkommen. Doch in Zukunft werden sie, wenn sie nicht verstehen, dass sich die Welt geändert hat, irreversible Imageschäden nicht verhindern können.“