Bleibt der Mordfall Regeni ungesühnt?

Die ägyptisch-italienischen Ermittlungen im Mordfall Giulio Regeni sind in Uneinigkeit beendet worden. Ägypten beharrt darauf, Kriminelle hätten den 28-jährigen Politikstudenten im Februar 2016 getötet, Italien macht den ägyptischen Geheimdienst verantwortlich. Derweil zeichnete Emmanuel Macron Ägyptens Staatschef al-Sisi Anfang Dezember mit dem Großkreuz der französischen Ehrenlegion aus.

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Il Manifesto (IT) /

Wertekrise wird offenbar

Frankreich wusste genau, dass die Öffentlichkeit die Auszeichnung al-Sisis nicht goutieren würde, schimpft Il Manifesto:

„Wenn die Realpolitik über alles die Oberhand gewinnt, angefangen bei den Werten, die in jeder offiziellen Rede lautstark verkündet werden, haben wir es mit einer moralischen Krise zu tun, die immer schwieriger zu verbergen ist. Nun also Emmanuel Macron, der darüber entscheidet, wer mit den Orden des französischen Staats ausgezeichnet wird. ... Er verlieh al-Sisi das Großkreuz, die höchste Auszeichnung. ... Der Elysée-Palast wusste, dass er sich damit auf Glatteis begab. Die Öffentlichkeit wurde von der Verleihung ausgeschlossen. Sie erfuhr von der Gala-Zeremonie für den ägyptischen Autokraten durch die Bilder, die das ägyptische Fernsehen mit Pomp ausstrahlte.“

La Stampa (IT) /

Die Heucheleien entlarven

Italien kann und muss den Mord an Giulio Regeni zur gesamteuropäischen Sache machen, findet La Stampa:

„Das 'Globale Menschenrechtssanktionsregime' zu 'restriktiven Maßnahmen gegen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und -missbräuche' [das die EU-Außenminister am 7. Dezember beschlossen haben] erleichtert den Weg zur Gerechtigkeit für den in Kairo brutal ermordeten jungen italienischen Forscher. Das Instrument gibt Italien die Möglichkeit, eine neue Ära der Justiz zu eröffnen, indem es mit einem nationalen Fall ein europäisches Exempel statuiert. Das würde auch dazu beitragen, die Heucheleien zu entlarven: Es wird nicht schwer zu erkennen sein, wer von Menschenrechten nur spricht, und wer sie als grundlegendes Gut der Gemeinschaftssouveränität betrachtet.“