Frankreich: Macron will die Ena auflösen

Frankreichs Präsident Macron hat seine Pläne zur Abschaffung der Verwaltungshochschule Ena vorgestellt. An der École nationale d'administration wurden zahlreiche ranghohe Funktionäre ausgebildet, darunter Macron selbst. An ihre Stelle soll ein breiter aufgestelltes und weniger elitäres "Institut du Service Publique" mit verändertem Curriculum treten.

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The Guardian (GB) /

Zugeständnis an Anti-Eliten-Bewegung

Mit der geplanten Abschaffung der Ena will sich Emmanuel Macron eine möglichst gute Ausgangsposition für den Präsidentschaftswahlkampf sichern, ist The Guardian überzeugt:

„Macron erklärte, es sei an der Zeit, eine Institution abzuschaffen, die allgemein als Symbol für Elitismus und Ungleichheit gilt. Nur ein Jahr vor der nächsten Präsidentschaftswahl ist Macron in den Umfragen mit Marine Le Pen gleichauf. Die Abschaffung der Ena wirkt daher wie Teil einer Strategie, sich wieder mit 'dem Volk' zu verbinden. Wegen der Pandemie ist eines aus dem Blickfeld geraten: Bevor Frankreich im März 2020 in den Lockdown ging, erlebte es in Form der Gilets-Jaunes-Proteste die größte Anti-Eliten-Bewegung seit Generationen. Macron hat dies sicherlich nicht vergessen.“

Marianne (FR) /

Söldner dürfen auch keine Offiziere werden

Augenmerk der Reform sollten ganz andere Punkte sein, fordert Georges Kuzmanovic, Gründer und Vorsitzender der linksnationalistischen Bewegung République souveraine, in Marianne:

„Vor allem gilt es, den Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft zu untersagen, also die Möglichkeit für hochrangige Beamte, im Dienst der Privatwirtschaft tätig zu werden (und vor allem bei Banken sowie in der globalisierten Finanzwelt, wie Emmanuel Macron es tat): Wenn man sich entscheidet, Frankreich und seinen Mitbürgern zu dienen, ist dies ein heiliges Amt - kann man sich etwa französische Offiziere vorstellen, die als Söldner dienen und dann an die Spitze der französischen Armee zurückkehren? Nein!“

Der Tagesspiegel (DE) /

Eine Revolution ist es noch nicht

Eigentlich müsste das gesamte französische Bildungssystem reformiert werden, gibt Paris-Korrespondentin Tanja Kuchenbecker im Tagesspiegel zu bedenken:

„Dieses ist darauf ausrichtet, die Besten frühzeitig herauszupicken. Es beginnt damit, dass es, abhängig vom Wohnviertel, gute und schlechte Schulen gibt. Spätestens bei der Wahl des Lycées in den letzten drei Jahren der Schulzeit sind die Weichen gestellt. ... Weiter geht es über diverse Wettbewerbe zu Eliteschulen für Wirtschaft oder Ingenieurswesen. Die Masse wird an den Universitäten ausgebildet, von denen nur wenige einen guten Ruf haben. Macron versprach, dass sie in die neue Ausbildung einbezogen werden. Das wäre ein Anfang, wenn auch ein zaghafter. Eine Revolution ist es nicht.“