EU-Agrarreform beschlossen: Guter Kompromiss?

Das EU-Parlament hat grünes Licht für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gegeben. Nach jahrelangem Streit stimmte eine große Mehrheit für einen Kompromiss zwischen den 27 Mitgliedstaaten und der Kommission. Die Reform sieht unter anderem vor, dass bei Direktsubventionen ein Viertel des Geldes an Umweltauflagen geknüpft ist. Europas Presse findet die Beschlüsse teils nicht ausreichend, teils nicht zumutbar.

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tagesschau.de (DE) /

Eine Luftnummer, die der Luft nicht hilft

Ein richtungsweisender Schritt in die Zukunft sieht anders aus, findet tagesschau.de:

„Ja, die Landwirte können künftig ökologischer produzieren, aber: Sie müssen es nicht. Und immer noch wird der größte Teil der fast 400 Fördermilliarden aus Brüssel nach dem Größenprinzip verteilt: Wer mehr hat, bekommt mehr. Das fördert weiter Masse statt Klasse. Die Mitgliedsstaaten selbst können zwar strengere Öko-Standards für ihre Bäuerinnen und Bauern setzen, aber: Auch das ist unverbindlich. Und bei allen wird die Sorge vorherrschen, ihre eigenen Landwirte durch zu viele Öko-Regeln im internationalen Wettbewerb schlechter zu stellen. ... Diese europäische Agrarreform ist eine verpasste Chance und eine Luftnummer, die der Luft und dem Klima nicht hilft.“

Le Vif / L'Express (BE) /

Landwirtschaft mit der Natur, nicht gegen sie

Auch vier Europaabgeordneten der Grünen-Fraktion geht die Agrarreform nicht weit genug. Sie fordern in Le Vif/L'Express:

„Wir wissen, dass es unsere historische und politische Verantwortung ist, Europa zu einer nährenden Mutter Erde zu machen, die fähig ist, die klimatischen und sozialen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte zu bewältigen. ... Es ist daher an der Zeit, dass der europäische Green Deal kein Hindernis mehr für Landwirte und Landwirtinnen darstellt. Denn die Lösung liegt in einem Zusammenschluss von Landwirten und Ökosystemen. ... Aus diesem Grund unterstützen wir die Initiative De la Ferme à la Fourchette, die sich für eine faire Bezahlung der Landwirte und Landwirtinnen und den Schutz der Biodiversität einsetzt.“

De Telegraaf (NL) /

Harte Zeiten für Bauern

De Telegraaf beklagt Unsicherheit für die Landwirte:

„Die genauen Umwelt-Anforderungen sind noch nicht bekannt, aber deutlich ist, dass es weniger Einkommensunterstützung gibt. Für die Bauern ist es der x-te Eingriff in kurzer Zeit. Der Sektor kämpft noch mit der Richtlinie über den Ausstoß von Nitrat, die drakonischen Regeln zum Stickstoffausstoß in der Nähe von Naturschutzgebieten, und dann sind da noch die unbekannten Folgen des Green Deals, den Europa einführen will. Dies sind alles Eingriffe, die den landwirtschaftlichen Sektor hart treffen, dazu kommt nun noch der finanzielle Eingriff der EU. Das Misstrauen der Bauern ist verständlich.“

Les Echos (FR) /

Man kann es nicht allen recht machen

Les Echos beleuchtet noch einmal die Widerstände, die der Kompromiss überwinden musste:

„Die [Landwirtschaftsgewerkschaft] FNSEA hatte bereits vorgewarnt - aus ihrer Sicht fordert diese neue, 'begrünte' europäische Agrarpolitik viel. Ihre Richtlinien sind komplex und werden den Landwirten vor dem Hintergrund eines immer härteren internationalen Wettbewerbs einiges abverlangen. Dabei haben viele unserer Landwirte jetzt schon große Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. ... Für Umweltverbände sind die Kriterien, an wen die grünen Beihilfen vergeben werden, noch zu wenig entschlossen formuliert, und die Zertifizierung 'Hoher Umweltwert" nicht besonders aussagekräftig.“