Bidens Rede zur Lage der Nation: Westen vereint?

Bei seiner ersten Rede zur Lage der Nation hat sich US-Präsident Joe Biden nicht nur an sein eigenes Volk gewandt, sondern auch die Geschlossenheit des Westens gegen den russischen Angriff auf die Ukraine hervorgehoben. Unter europäischen Kommentatoren herrscht Erleichterung vor, dass nicht mehr Bidens Vorgänger im Amt ist.

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Der Standard (AT) /

Die wiedervereinigten Staaten

Wie geeint die Kongress-Abgeordneten auf die Rede reagierten, hebt Der Standard hervor:

„[Es] erhoben sich alle Anwesenden im Saal. Standing Ovations von ... Republikanern und Demokraten. Vereint. In den USA. So etwas hat es schon lange nicht mehr gegeben, und so etwas wird vermutlich auch so schnell nicht wieder geschehen. ... Manche Republikanerinnen und Republikaner dürften insgeheim froh sein, dass eben nicht Donald Trump hier vor ihnen steht und einmal mehr die 'Genialität' Wladimir Putins lobt, sondern der geopolitisch erfahrene Biden. Biden ... stellt immer wieder Querverweise zur angeschlagenen US-Demokratie her. Das ist die Botschaft nach innen: Lasst es euch eine Warnung sein.“

Dagens Nyheter (SE) /

Ohne Biden sähe es jetzt noch düsterer aus

Nicht nur im Innern, sondern auch international hat US-Präsident Joe Biden eine vereinigende Wirkung, lobt Dagens Nyheter:

„Nach Russlands Angriff auf die Ukraine hat sich ein demokratisches Bündnis gebildet. Es ist vor allem eine Reaktion auf Putins Rücksichtslosigkeit und den Mut der Ukrainer. Aber die Tatsache, dass man auf die Invasion nicht nur mit scharfer Verurteilung reagierte, sondern auch gemeinsam handelte, ist größtenteils der amerikanischen Führung zu verdanken. ... Die Bedeutung dieser breiten Unterstützung für Demokratien ist kaum zu überschätzen. ... Die Situation in der Ukraine ist schrecklich. Der Boden unter Europa bebt. Ohne Biden im Weißen Haus wäre die Dunkelheit noch tiefer gewesen.“

taz, die tageszeitung (DE) /

Nicht Trump zu sein, reicht nicht

Wenig inspirierend fand die taz die Rede:

„Biden hatte zum Ukrainekrieg nichts zu sagen, was nicht bereits bekannt gewesen wäre – Weltschlagzeilen waren so nicht zu machen. Und das naheliegende Metathema, der Kampf zwischen Autoritarismus und Demokratie, ist innenpolitisch so vermint, dass sich Biden scheute, es zur zentralen Botschaft seiner Rede zu machen. ... [W]enn er wenigstens in der nationalen Agenda überzeugende Ideen hätte. Aber seit zwei Se­na­to­r*in­nen seiner eigenen Partei mit dem 'Build-Back-Better'-Programm Bidens Kernversprechen gekippt haben, kommt da nicht mehr viel. Die Rede wird schnell vergessen sein, und Biden ist wieder reduziert auf jene Eigenschaft, die ihn Präsident hat werden lassen: nicht Donald Trump zu sein.“