Reparationen: Polen präsentiert Berlin die Rechnung

Die rechtskonservative polnische PiS-Regierung will von Deutschland Zahlungen in Höhe von 1,3 Billionen Euro für die Schäden des Zweiten Weltkriegs fordern. Diese Summe geht aus einem bereits 2017 in Auftrag gegebenen Gutachten hervor, das nun veröffentlicht wurde. Berlin hat bisher jegliche Reparationsforderungen aus Warschau abgelehnt. Auch in Polen gibt es Widerstand gegen den Vorstoß der PiS.

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Rzeczpospolita (PL) /

Forderungen nicht instrumentalisieren

Die Reparationsgegner in Polen fürchten die gesellschaftliche Spaltung, erklärt Chefredakteur Bogusław Chrabota in Rzeczpospolita:

„Viele Länder, die in den Jahren 1939-1945 unter der Besatzung gelitten haben, bemühen sich um Reparationen. Auch Polen hat das Recht, dies zu tun. Es ist jedoch notwendig, dies ohne übermäßige Emotionen zu tun, ohne Pauken und Trompeten auf der juristischen oder staatlichen Bühne. Und dieses Thema nicht zu nutzen, um die Polen zu polarisieren, auch wenn es der PiS wohl genau darum geht. Wenn die Reparationsfrage der Beginn eines neuen polnisch-polnischen Krieges sein sollte, wird dies der polnischen Demokratie zum Nachteil gereichen.“

Interia (PL) /

Nur die Deutschen sind konsequent

Für Interia gehen sowohl Polens Regierung als auch Opposition das Thema falsch an:

„Die Regierenden verhalten sich in der Frage der Reparationen so, als sei dies ein Thema, das man Deutschland immer wieder mal an den Kopf werfen kann. Politiker von der PO [Platforma Obywatelska unter Donald Tusk] hingegen wirken oft eher wie Verfechter deutscher Interessen. Sie lassen keinen Zweifel daran, dass dieses Thema für immer begraben wird, wenn die Truppe von Donald Tusk an die Regierung kommt. Nur die Deutschen sind konsequent. Sie meiden dieses für sie schwierige Thema wie der Teufel das Weihwasser und unterstützen diejenigen in Polen, die keine Reparationen wollen.“

Der Tagesspiegel (DE) /

Es kommt auf die Haltung an

Für den Tagesspiegel gäbe es politisch überzeugendere Antworten, als zu zahlen:

„Nämlich Polen als Partner auf Augenhöhe behandeln: Beim Streit um das Fischsterben in der Oder, wo einige in Deutschland auf dürrer Faktenbasis zu vorschnellen Urteilen neigten und jetzt den vereinbarten Ausbau des Wasserwegs kippen möchten, den Polen braucht wie Deutschland den Rhein. Oder bei der Militärkooperation. Polen ärgert sich so sehr über deutsches Zögern, dass es die neuen Panzer lieber mit Südkorea baut. Alles tun, damit die Polen bei ihrer Sicherheit auf die Deutschen vertrauen: Das wäre eine starke Lehre aus der Geschichte.“

Adevărul (RO) /

Wie wird Berlin reagieren?

Diese Konfrontation fehlte gerade noch, meint Adevărul:

„Dies eröffnet ein weiteres Spannungsfeld auf Nato- und EU-Ebene, beide Allianzen bräuchten gerade das jetzt nicht. Es ist unmöglich, den Ausgang des Rechtsstreites vorherzusagen. Fest steht aber, dass es zwischen den Verbündeten zu einer unvorhergesehenen und keineswegs wünschenswerten finanziellen Konfrontation kommt, und in der derzeitigen Situation können finanzielle Fragen dieses Ausmaßes sehr leicht zu großen Meinungsverschiedenheiten führen. Auf der anderen Seite werden wir sehen, wie Deutschland reagiert, jetzt da es wieder mit dem Rücken zur Wand steht.“