Vor dem G20-Gipfel: Biden und Xi beraten sich

Vor Beginn des G20-Gipfels auf Bali richten sich die Blicke mit besonderer Spannung auf das anstehende persönliche Treffen von US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping am Montag. Handelskrieg, Spionagevorwürfe, Menschenrechtsverletzungen, Taiwan-Frage - die Beziehungen beider Länder sind seit Längerem durch etliche Streitpunkte belastet. Was kann die Welt von der Zusammenkunft erwarten?

Alle Zitate öffnen/schließen
La Stampa (IT) /

Neue Achse

Die Ergebnisse der Midterms und die pazifischen Partner lassen Biden gestärkt Bali erreichen, glaubt La Stampa:

„Die pazifischen Verbündeten betonten die Notwendigkeit einer stabilen und starken amerikanischen Präsenz in der Region. Vor allem mit dem japanischen Premier Fumio Kishida und dem Premier von Seoul, Yoon Suk-yeol, bekräftigte Biden gemeinsame Positionen und stärkte die Partnerschaft in zwei grundlegenden Fragen: Die erste ist die Haltung gegenüber der nuklearen Bedrohung durch Nordkorea. ... Die zweite ist die 'Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit'. ... Der Adressat der Nachricht sitzt in Beijing. Washington baut ein Netz von Allianzen und Beziehungen im Pazifik auf. “

Politiken (DK) /

Mindestmaß an Dialog herstellen

Ein wenig Hoffnung ist berechtigt, findet Politiken:

„Man weiß, dass die Lage verfahren ist, wenn schon der Umstand, dass sich beide Partner überhaupt treffen, eine gute Nachricht ist. ... Es ist das erste Treffen der beiden seit Bidens Amtsübernahme und es findet zu einem Zeitpunkt statt, da das Verhältnis der zwei Großmächte am Gefrierpunkt oder noch darunter angelangt ist. ... Die Voraussetzungen sind gut - beide Weltpolitiker kommen gestärkt nach Bali. ... Die beiden Präsidenten sollten zumindest einen gewissen Dialog wiederaufnehmen, eine aktuelle Version der 'roten Telefonleitung' vom Weißen Haus nach Peking aus Zeiten des Kalten Kriegs installieren, sodass man im Krisenfall schnell miteinander reden kann. “

Radio Kommersant FM (RU) /

Russland als Hoflieferant Chinas?

Radio Kommersant FM analysiert Moskaus weltpolitische Rolle:

„Das chinesische Außenministerium wies die Behauptung von Joe Biden zurück, China habe sich in letzter Zeit von seinem großen Nachbarn im Nordosten distanziert. Nein, dem ist nicht so. Peking ist an einer Zusammenarbeit mit Moskau interessiert und will diese in Zukunft in jeder Hinsicht verstärken. Dem kann man nur schwer widersprechen - warum sollte man sich von einem Land distanzieren, das so reich an natürlichen Ressourcen ist? Vor allem, wenn sie zu sehr günstigen Konditionen zu bekommen sind. Die Frage ist nur, welchen Platz der russische Partner des Reichs der Mitte in der neuen Weltordnung einnehmen wird.“

Le Temps (CH) /

Ein Hauch von Jalta

Der diesjährge Gipfel lässt an den Kalten Krieg denken, meint Le Temps:

„Joe Biden und Xi Jinping werden um die Unterstützung möglichst vieler Länder wetteifern. China hat dank seiner wirtschaftlichen Dynamik in den letzten Jahren einen Vorteil erlangt. Die Präsidentschaft Trumps und sein isolationistischer Rückzug haben die Position der USA geschwächt. Doch Pekings Lesart eines aufsteigenden Chinas, das den schwächelnden USA den Rang abläuft, hat letztlich viele Nachbarn beunruhigt. Der Rückzug Washingtons aus Afghanistan hat es Joe Biden auch ermöglicht, sich wieder auf das Feld der Bündnisse in Ostasien zu begeben. Bali ist vielleicht nicht Jalta, aber das Treffen am Montag wird Teil eines Kampfes um Einfluss sein, der an den Kalten Krieg erinnert.“

Frankfurter Rundschau (DE) /

Putin isoliert sich selbst

Die Frankfurter Rundschau findet die Absage des Kremlchefs folgerichtig:

„Mit der angekündigten Absage Wladimir Putins am kommenden G20-Treffen in Indonesien geht der russische Autokrat der angekündigten Friedensinitiative für die Ukraine des gastgebenden Präsidenten Joko Widodo aus dem Weg. Offensichtlich will er bei diesem Thema immer noch keine Zugeständnisse machen. ... All das zeigt, wie isoliert Putins Regime international inzwischen ist, obwohl ihn China, Indien und die Türkei teilweise unterstützen. Denn hätte der Herrscher im Kreml für sich irgendeinen Vorteil von dem Treffen auf Bali versprochen, wäre er selbst angereist.“