Brüssel will Teil der Gelder für Budapest einfrieren

Ungarns Reformen im Kampf gegen Korruption reichen der EU-Kommission nicht aus. Daher empfiehlt sie, für Budapest bestimmte Fördergelder in Höhe von 7,5 Milliarden Euro einzufrieren. Gleichzeitig rät sie zur Annahme des ungarischen Wiederaufbauplans, der mit der Auszahlung von 5,8 Milliarden Euro Coronahilfen verknüpft ist. Bevor nun die EU-Finanzminister über beide Empfehlungen entscheiden, kommentiert Europas Presse.

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Deutschlandfunk (DE) /

Ein süßer Sieg der Demokratie

Orbán wird am Ende einlenken müssen, prophezeit der Deutschlandfunk, weil ihm das Wasser bis zum Hals steht:

„[V]or allem finanziell. Die Wirtschaft, in die er gern mal dirigistisch eingreift, ist abgeschmiert, die staatliche Dämpfung des Energiepreisanstiegs kann sich das Land nicht leisten. Die Inflation liegt bei 20 Prozent, die Zinsen bei 17. Für Brot und Spiele ist dem Mann das Geld ausgegangen. Die EU wird den Machtkampf mit Orbán gewinnen, er sitzt am kürzeren Hebel. Es wird ein süßer Sieg sein. Ein Sieg der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit über den Autoritarismus.“

Pravda (SK) /

Kein Platz für falsche Solidarität

Wenn die Finanzminister im EU-Rat über die Kommissionsempfehlung entscheiden, sollte Bratislava dafür stimmen, rät Radovan Geist, Chefredakteur des Portals euractiv.sk, in der Pravda:

„Sofern die Slowakei keinen ernsthaften Grund hat, der Kommission zu misstrauen, sollte sie gemäß ihrer Empfehlung stimmen und europäisches Geld für die ungarischen Regierung blockieren. Für politische Deals ist kein Platz. Auch nicht für falsche Visegrád-Solidarität.“

hvg (HU) /

Von der Leyen will sich Blamage ersparen

Mit einer härteren Gangart wäre die Kommission womöglich gescheitert, beobachtet Hvg:

„Ungarn wird einen Teil seines Geldes nicht erhalten, aber ein anderer Teil wurde für die Überweisung vorbereitet. Durch diese 'Kopplung' hat der Vorschlag der Europäischen Kommission gute Chancen, der Prüfung der Mitgliedstaaten standzuhalten. ... Orbán setzte darauf, dass sich die Kommission um jeden Preis die Blamage ersparen will, dass einer ihrer Vorschläge zur Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Rat stecken bleibt. Bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die ungarische Strategie offenbar funktioniert.“

Deník N (CZ) /

Ungarn ist nicht zahnlos

Die EU-Kommission steht gegenüber Viktor Orbán zwischen Baum und Borke, weil sie ein Veto Ungarns für ein großes Ukraine-Hilfspaket vermeiden will, notiert Deník N:

„Die Kommission will Ungarn deshalb nicht nur Geld sperren, sondern auch Geld geben. So scheint es zumindest. Zur Genehmigung empfahl sie den ungarischen Aufbauplan, dank dem das Land Mittel aus dem außerordentlichen Pandemiefonds erhalten soll. ... Bald nämlich soll es auch um Finanzhilfen für die Ukraine in Höhe von 18 Milliarden Euro gehen. Orbán hat bereits vor zwei Wochen angekündigt, diesen Plan nicht unterstützen zu wollen.“

Magyar Nemzet (HU) /

Wilde Linke wurde nicht erhört

Die regierungsnahe Magyar Nemzet bewertet den Vorschlag der Kommission als Erfolg:

„Wir müssen zweifellos bestimmte Verpflichtungen und zusätzliche Bedingungen erfüllen. Jedoch ist es nicht zu leugnen, dass der lautstark geäußerte Wunsch der wilden globalistischen Linken, dass nicht nur unser Wiederaufbauplan nicht angenommen wird, sondern wir auch von weiteren EU-Mitteln Abschied nehmen sollten, nicht erfüllt wurde. ... Wir sollten die positive Entwicklung, dass die Europäische Kommission der Erpressung durch das Europäische Parlament widerstand, schätzen.“