Kohleabbau: Räumung von Lützerath hat begonnen

In Nordrhein-Westfalen hat die polizeiliche Räumung des Dorfes Lützerath begonnen. Damit der Energiekonzern RWE die unter dem Ort liegende Braunkohle abbauen kann - wofür er die Bergbaurechte besitzt -, muss der Weiler vollständig abgerissen werden. Umweltaktivisten stellen sich dagegen, für sie ist Kohleabbau angesichts der Klimakrise nicht mehr zeitgemäß. Wer hat recht?

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Berliner Zeitung (DE) /

Realpolitik prallt auf Fundamentalopposition

Eine echte Lösung kann es in dem Konflikt nicht geben, kommentiert die Berliner Zeitung:

„Der Energiekonzern RWE hat das Recht auf seiner Seite. Er darf abbaggern lassen, und davon will er jetzt Gebrauch machen. Die Klimaaktivisten haben die Moral auf ihrer Seite. Im Jahr 2023 soll eine Ortschaft dem Kohleabbau weichen – kann man besser demonstrieren, dass man das mit der Klimakrise nicht verstanden hat? Es sind zwei Standpunkte, die nicht miteinander vereinbar sind. Sollte dieses Dilemma ... aber zugunsten der Moral ausgehen, müsste die Bundesrepublik eine Öko-Diktatur sein. Das ist sie aber nicht, dem Grundgesetz sei Dank. In Lützerath prallt daher Realpolitik auf Fundamentalopposition.“

Aargauer Zeitung (CH) /

Ergebnis schlechter Entscheidungen

Für die Aargauer Zeitung ist die Räumung von Lützerath Folge einer verfehlten Energiepolitik in Deutschland:

„Weite Teile der deutschen Politik haben offenbar nie begriffen, dass es den perfekten Weg bei der Gewinnung von Elektrizität nicht gibt. Stromerzeugung ohne Kompromisse ist unmöglich. Keine Erzeugungsform schadet dem Klima so sehr wie die Kohleverstromung. ... Dass Deutschland vorübergehend mehr Kohle braucht, hat es seiner gescheiterten Energiepolitik zu verdanken: Da der gleichzeitige Ausstieg aus Kohle- und Kernkraft mit Hilfe erneuerbarer Energien zumindest auf die Schnelle nicht zu bewerkstelligen ist, wollte man Gaskraftwerke als Brückentechnologie nutzen. So machte sich die Bundesrepublik von Putins Russland abhängig.“

Der Standard (AT) /

Widerstand darf nicht in Gewalt ausarten

Wollen die Klimaaktivisten sich den Rückhalt einer breiten Öffentlichkeit sichern, müssen sie mit friedlichen Mitteln protestieren, mahnt Der Standard:

„Gerade erst haben die Silvesterkrawalle in Berlin viele Menschen entsetzt. Einsatzkräfte der Feuerwehr und der Polizei wurden angegriffen, man merkte: Da läuft etwas aus dem Ruder. ... Sollte der Protest in Lützerath etwas erreichen, dann darf es dort, in dem kleinen Ort in Nordrhein-Westfalen, nicht auch zu solchen Szenen kommen. ... Ihre weiteren Anliegen können die Umweltaktivisten nur durchsetzen, wenn sie die Unterstützung der breiten Bevölkerung haben. Fliegen Steine und Flaschen oder kommt es zu noch schlimmeren Szenen, dann ist das schädlich für die Rückendeckung aus der Mitte der Gesellschaft.“