Türkei: Wie halten es die Parteien mit der Religion?

Das oppositionelle Bündnis der Nation um den CHP-Vorsitzenden Kılıçdaroğlu führt derzeit in Umfragen zur Präsidentschaftswahl am 14. Mai deutlich vor Erdoğans AKP-Wahlbündnis. Die AKP führt nun Verhandlungen mit der Hisbollah-nahen Hüdapar sowie der islamistischen Yeniden Refah Partisi, um ihr Wahlbündnis zu erweitern. Kılıçdaroğlu umwirbt seinerseits konservative Wähler. Beides finden Kommentatoren fragwürdig.

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Yetkin Report (TR) /

AKP-Frauen sollten auf der Hut sein

Die Yeniden Refah Partisi verlangt für ihre Unterstützung die Abschaffung des Gesetzes zum Schutz von Frauen und Familien vor Gewalt. Für eine Handvoll Stimmen setzt die AKP also Frauenrechte aufs Spiel, sorgt sich Yetkin Report:

„Ganz klar haben die Angriffe bestimmter islamistischer Gruppen auf die Gleichberechtigung der Geschlechter mit Hilfe ihrer nahestehenden Medien und politischen Arme in den letzten Jahren zugenommen und an Boden gewonnen. ... Sehen die gebildeten Frauen der AKP nicht, dass sie auch die letzten Errungenschaften in ihren Händen verlieren, wenn sie Frauenrechte nur auf das Kopftuch beschränken? Sehen sie nicht, wie eine Handvoll Religions- und Glaubenshändler die demokratische Politik mit Stimmenerpressung versklaven, oder halten sie das Patriarchat, die Taliban-Mentalität mit Krawatte für nicht so gefährlich?“

Daily Sabah (TR) /

Kılıçdaroğlu will Religionsferne der CHP kaschieren

Der türkische Oppositionskandidat präsentiert sich laut der regierungsnahen Daily Sabah wenig glaubhaft religionsfreundlich, um konservative Wähler auf seine Seite zu ziehen:

„Das Hauptproblem ist, dass Kılıçdaroğlu nicht gerade erst in die Politik gegangen ist. Er ist seit mehr als zwei Jahrzehnten dabei, und es ist praktisch unmöglich, die Menschen die Distanz der [traditionell laizistischen] CHP von der Bevölkerung und ihre Geschichte der Unterdrückung vergessen zu machen – was der prominente Oppositionsführer persönlich anerkennt. ... Kılıçdaroğlu behauptet, sich heute 'von allen Arten der Unterdrückung befreit' zu haben. Aber reicht das, wenn man beachtet, dass er einst die Abschaffung des Kopftuchverbots mit einer Klage beim Verfassungsgericht blockiert hat?“