Russland übernimmt Vorsitz im UN-Sicherheitsrat

Turnusgemäß hat Russland am 1. April den Vorsitz des Uno-Sicherheitsrats übernommen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bezeichnete dies als "Schlag ins Gesicht der internationalen Gemeinschaft". Auch Europas Presse hadert damit, dass Russland als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats mit Vetorecht in der Uno eine solch starke Stellung innehat. Lässt sich daran etwas ändern?

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Der Tagesspiegel (DE) /

Moskaus Status ist nicht unantastbar

Ein Rauswurf aus dem Sicherheitsrat wäre das richtige Signal, findet der Tagesspiegel:

„[O]b das geht? Die Staatengemeinschaft muss es wollen. Man kann Russland als Mitglied immerhin infrage stellen – mit dem Argument, dass es ja nie wirklich dort hineingewählt wurde. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 beanspruchte Russland diesen Sitz – ohne internationale Gegenwehr – einfach für sich. Ein zweifelhafter Status. Und einer, der in den Vereinten Nationen nicht unantastbar sein sollte. ... Das Land handelt schließlich gegen den Weltfrieden und gegen seine Verpflichtungen als ständiges Mitglied dieses Gremiums.“

Delfi (LT) /

Die Vereinten Nationen sind eine Fiktion

Delfi hat keine Hoffnung auf Veränderung:

„Die Uno ist ein Opfer der Nachkriegs-Naivität des Westens, die dazu geführt hat, dass die Rechte von Aggressoren mit denen ihrer Opfer gleichgesetzt oder gar über sie gestellt werden. Aus dem Völkerbund wurde Moskau nach dem Angriff auf Finnland [1939/40] ausgeschlossen. Nachdem es die Ukraine angegriffen und Tausende von Kriegsverbrechen begangen hat, übernimmt es die Präsidentschaft des Uno-Sicherheitsrats. Die Uno ist zu einer Fiktion geworden. Eine Fiktion, mit der alle leben müssen, weil die Diktatoren, die am Tropf Russlands und Chinas hängen, niemals einer Reform zustimmen werden.“

Polityka (PL) /

Immerhin ein Forum des direkten Austauschs

Der UN-Sicherheitsrat hat deutliche Grenzen, bleibt aber nützlich, gibt Polityka zu bedenken:

„Das in den 1940er Jahren geschaffene Kräfteverhältnis ist immer wieder hinter den sich verändernden internationalen Realitäten zurückgeblieben. Die russische Aggression gegen die Ukraine hat diese Realitätsferne einmal mehr offenbart und die größte Schwäche des Sicherheitsrats aufgezeigt: die Straffreiheit eines ständigen Mitglieds, das gegen die UN-Charta verstößt. ... Man kann die Sache aber auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten. ... Der direkte Kontakt beruhigt im Allgemeinen die Gemüter. Immerhin ist der Sicherheitsrat ein ständiges Forum, in dem sich die mächtigsten Staaten regelmäßig treffen, ob sie wollen oder nicht.“