Polen setzt umstrittene Untersuchungskommission ein

Polens Präsident Andrzej Duda hat die Einsetzung einer Kommission abgesegnet, die russische Einflussnahme auf die Politik untersuchen soll. Kritiker vermuten, mit dem Gesetz wolle die regierende nationalkonservative PiS insbesondere Oppositionsführer Donald Tusk ins Visier nehmen. Auch Kommentatoren befassen sich mit möglichen Motiven und Folgen des Vorgehens.

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Onet.pl (PL) /

So zerstört man einen Rechtsstaat

Für Onet kann nun nicht mehr von demokratischen Wahlen in Polen gesprochen werden:

„Von nun an ist der Wahlkampf in Polen nicht mehr gleich. Er ist nicht mehr demokratisch. Er ist nicht mehr fair. Er ist daher nicht frei. Die Verantwortung für diesen gigantischen Schritt in Richtung Autoritarismus in Polen liegt bei allen Abgeordneten, die für die Einsetzung dieser Kommission gestimmt haben, und bei Präsident Andrzej Duda. Die Zerstörung der Demokratie in Polen, die Zerstörung der freien Wahlen, ist nur zum Vorteil Russlands. Je weiter wir uns von europäischen Standards entfernen, desto näher kommen wir den Standards des Kremls. Der russische Einfluss in Polen wächst deshalb eben gerade mit der Schaffung eines solchen Scheingerichts während des Wahlkampfes.“

Rzeczpospolita (PL) /

Niemand hilft Putin so wie die PiS

Für Rzeczpospolita ist die Politik der Regierung, nicht die der Opposition, in ihren Implikationen pro-russisch:

„Vor dem Untersuchungsausschuss zur russischen Einflussnahme in Polen sollten als erstes Jaroslaw Kaczynski, Mateusz Morawiecki und Andrzej Duda aussagen. Nichts hat in den letzten Jahren den Interessen Wladimir Putins so sehr gedient wie die Untergrabung der Einheit des Westens durch die Aushöhlung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Auf diese Weise hat die EU nicht nur die Fähigkeit verloren, effektive und effiziente Entscheidungen zu treffen, sondern vor allem wurde auch der Unterschied zwischen den autoritären Machtsystemen im Osten und dem freiheitlich geprägten Westen verwischt.“

Wprost (PL) /

Ein bisschen Märtyrertum kann nützlich sein

Wprost glaubt, Tusk könne als Opfer einer Regierungskampagne sogar Stimmen gewinnen:

„Der Präsident hat das Regierungslager in dieser Frage entschieden unterstützt. Unklar ist, ob er der PiS damit einen Gefallen tut oder das Gegenteil. Die Partei von Jarosław Kaczyński neigt dazu, bestimmte Themen zu 'überziehen'. Wenn sie Donald Tusk brutal angreift, könnte der PO-Chef zum Märtyrer werden. Und nichts tut einem Politiker so gut wie ein bisschen Märtyrertum.“