Selenskyj senkt Alter für Reservisten-Einberufung

Nach neun Monaten Zögern hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zugestimmt, dass Reservisten bereits ab einem Alter von 25 – und nicht wie bisher 27 – Jahren einberufen werden können. Damit kann die Armee bis zu 400.000 zusätzliche Soldaten für den Fronteinsatz verpflichten. Jüngere Männer konnten bisher als Wehrpflichtige nur im Hinterland eingesetzt werden. Gemischtes Echo in der Presse.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Keine andere Wahl

Für die Süddeutsche Zeitung ist das der richtige Schritt:

„Die ukrainische Armee befindet sich in der Defensive, täglich rücken die russischen Truppen im Donbass weiter vor. Bei westlichen Experten kursiert bereits ein Szenario, in dem die russische Armee wieder bis zum Dnjepr vorstößt und damit die halbe Ukraine besetzt hätte. Selenskij muss dem etwas entgegensetzen, und dazu gehören auch junge Soldaten. So schwer diese Entscheidung fallen mag: Russlands Angriffskrieg lässt ihm gar keine Wahl.“

Ihor Lutsenko (UA) /

Nicht nur eine Sache der jungen Leute

Blogger und Soldat Ihor Luzenko ruft auf Facebook dazu auf, auch älteren Freiwilligen den Zugang zum Wehrdienst zu ermöglichen:

„Nun schwebt die Gefahr von Tod oder Verstümmelung über einer größeren Anzahl jener, die leben müssen, damit die Ukraine – und mit ihr die gesamte vernünftige Menschheit – existieren kann. Doch möchte ich meine Verwunderung darüber äußern, warum wir junge Menschen nach vorne schicken, aber den über 60-Jährigen den Militärdienst verwehren? Bei meiner Einheit bewerben sich viele Männer in diesem Alter, die bei guter Gesundheit sind und über ernsthafte Kampferfahrung oder einzigartiges technisches Wissen verfügen. ... Aber ich muss sie ablehnen, so ist das Gesetz. ... Warum nutzen wir diese Ressource nicht?“

Il Fatto Quotidiano (IT) /

Macrons Vorschlag ist kein Spiel mehr

Die Idee einer Truppenentsendung aus der EU wird neu überdacht werden müssen, meint Il Fatto Quotidiano:

„'Die ukrainische Front droht zusammenzubrechen', heißt es – auch wegen des Mangels an Männern, die an die Front geschickt werden können. Ein Problem, das eine gefährliche Ausweitung des Konflikts provozieren kann ... Die kriegerischen Erklärungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und einiger europäischer Staats- und Regierungschefs, die die Möglichkeit der Entsendung europäischer Truppen auf das ukrainische Schlachtfeld nicht ausschließen, sollten deshalb überdacht werden. Wenn tatsächlich die Absicht besteht, den militärischen Widerstand der Ukraine um jeden Preis aufrechtzuerhalten, dann können diese Äußerungen nicht als politische Spielerei betrachtet werden.“