Ukraine-Verhandlungen in Berlin: Wo steht Europa?

Berlin ist momentan die Drehscheibe der westlichen Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs. Die Gespräche von Wolodymyr Selenskyj mit US-Unterhändlern gehen am heutigen Montag im Kanzleramt weiter. Für den Abend hat Bundeskanzler Friedrich Merz europäische Staats- und Regierungschefs sowie Spitzen von EU und Nato eingeladen. Europas Presse setzt in der aktuellen Lage Orientierungspunkte.

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Kateryna Roshuk (UA) /

Trump braucht nur ein epochales Foto

Ein gerechter Friedensdeal ist derzeit unmöglich, meint Politologin Kateryna Roschuk auf Facebook:

„Ein adäquates Friedensabkommen, an dem die USA und die Ukraine arbeiten und Russland Arbeit imitiert, ist nicht möglich, weil die Ziele der drei Seiten unterschiedlich sind. Trump braucht ein Foto von Selenskyj und Putin, wie sie sich im Oval Office nach der Unterzeichnung eines Abkommens zur Beendigung des Krieges die Hände schütteln. Die 'Beendigung des neunten oder zehnten Krieges' würde Trump seiner Ansicht nach den Weg zu russischem Geld und zum Friedensnobelpreis ebnen. Trump ist es völlig egal, was von wem unterschrieben wird und welche Folgen das haben wird. ... Russland glaubt, Erfolge an der Front und die Unterstützung der USA zu haben (wenigstens stört Trump nicht). Die Ukraine versucht, zu überleben.“

Aamulehti (FI) /

Der Kontinent braucht einen fairen Frieden

Ein ungerechtes Friedensabkommen wäre für Europa gefährlich, warnt Aamulehti:

„Die Vereinigten Staaten und insbesondere Russland müssen erhebliche Zugeständnisse machen, damit mögliche Gebietsabtretungen vom Tisch sind und der Ukraine wasserdichte Sicherheitsgarantien gewährt werden können. Von diesem angestrebten Szenario sind wir noch weit entfernt. Europa betont, dass Frieden auf gerechten und nachhaltigen Bedingungen beruhen muss. ... Wenn die Ukraine zu einem ungerechten Friedensvertrag gezwungen wird, ist es klar, dass der russische Präsident Wladimir Putin dies als Erfolg werten wird. Dies ist ein großes Risiko für die Sicherheit ganz Europas.“

Frankfurter Rundschau (DE) /

Zumindest wieder mit am Tisch

Die Frankfurter Rundschau erwartet allenfalls kleine Fortschritte:

„Deutschland und die anderen EU-Staaten könnten die US-Seite davon abbringen, das eingefrorene russische Vermögen für die eigenen wirtschaftlichen Interessen in der Ukraine nutzen zu wollen. ... Womöglich können sie die US-Unterhändler sogar dazu bringen, zu erkennen, dass Putin imperialistische Ziele hat. Er denkt nicht ökonomisch, weshalb auch die US-Strategie nicht verfängt, ihn mit ertragreichen Geschäften zu Zugeständnissen zu bringen. Einen ersten Erfolg können die europäischen Verbündeten Kiews für sich reklamieren. Sie verhandeln wieder mit Washington, nachdem sie bei den Gesprächen zwischen den USA und Russland über die Zukunft der Ukraine nicht mit am Tisch saßen. Das ist gut fürs Selbstbewusstsein und bessert das ramponierte Image auf.“

La Repubblica (IT) /

Italien muss sich für eine Seite entscheiden

Meloni sollte endlich Farbe bekennen, fordert der frühere EU-Kommissar Paolo Gentiloni in La Repubblica:

„Italien, das vom Treffen des Führungstrios der Willigen in London ausgeschlossen wurde, ist heute aufgefordert, seine Absichten klar zu machen. ... Aber was werden wir in Berlin sagen? Bislang lautete die Linie der Premierministerin: Wir arbeiten für die Harmonie zwischen Europa und den Vereinigten Staaten und versuchen, die ideologische Affinität zu Trump und die Zugehörigkeit zu Europa miteinander in Einklang zu bringen. Es ist jedoch klar, dass der Spielraum für diese Position immer kleiner wird. Die Situation könnte auch Italien dazu zwingen, sich für eine Seite zu entscheiden. Und zwar in Kürze.“