Was bezweckt Israel mit Luftangriff auf Damaskus?
Israel hat am Mittwoch Regierungsgebäude in Damaskus bombardiert und sich damit in einen in brutale Gewalt ausgearteten Konflikt zwischen Drusen und Sunniten in der südsyrischen Provinz Suwaida eingemischt. Dort wurde inzwischen eine Waffenruhe vereinbart, worauf sich syrische Regierungstruppen aus der drusischen Hochburg zurückgezogen. Die Medien bemühen sich um eine Einschätzung der Lage im Land.
Überheblich und gefährlich
Israels Eingreifen ist nicht nur für den Nahen Osten, sondern für die ganze Welt gefährlich, warnt De Volkskrant:
„Alles deutet darauf hin, dass Israel ein geschwächtes und geteiltes Syrien anstrebt. Dies ist ein gefährlicher Kurs, für Syrien selbst, aber auch für Israel und den Rest der Welt. Ein Syrien, das dem Chaos zum Opfer fällt, könnte erneut zu einer Brutstätte des Terrorismus werden. ... Mit seinen Bombardierungen donnerte Israel wie ein Elefant durch diesen Porzellanladen und verletzte zum x-ten Mal das Völkerrecht. Durch seine militärische Macht und sein überhebliches Auftreten ist Israel zu einer zunehmenden Quelle der Instabilität im gesamten Nahen Osten geworden.“
Kein Frieden für Syrien in Sicht
Diena sieht die Macht der syrischen Regierung in ihrem eigenen Land schwinden:
„Der Prozess, der offiziell als Abzug der syrischen Regierungstruppen aus Suwaida bezeichnet wird, bedeutet in Wirklichkeit die Niederlage und Flucht der Islamisten aus dieser Provinz. Das bedeutet sowohl eine neue Welle von Aufständen gegen die offizielle Macht als auch einen dramatischen Machtverlust von Interimspräsident Ahmed al-Shara und der Islamisten insgesamt. ... Kurzum: In Syrien ist noch nichts vorbei.“
Dem Präsidenten bleibt kaum mehr als die Hauptstadt
In seiner Rolle als Schutzherr von Ahmed al-Scharaa steckt Erdoğan nun in einer Zwickmühle, schreibt Avvenire:
„Erdoğan glaubte, dass al-Jolani und seine Männer schnell die Kontrolle über das Land gewinnen könnten und unterschätzte dabei die internen Schwierigkeiten. ... Jetzt ist er wie gelähmt. Er will und kann keinen Krieg gegen Israel führen, aber er weiß nicht, wie er 'seinen' al-Jolani verteidigen soll, der mit jeder weiteren Bombe vom Präsidenten Syriens zum Bürgermeister von Damaskus degradiert wird. Der Norden wird von der Türkei kontrolliert, der Golan im Süden wird von Israel durch die Drusen beherrscht, der ölreiche Osten steht unter dem Schutz der Amerikaner und ihrer kurdischen Schützlinge. Eben dies rechtfertigt die pessimistischen Prognosen über die Zukunft des Landes.“
Regionale Hegemonie ist ein Pyrrhussieg
L’Humanité sieht in Israels Streben nach regionaler Vorherrschaft eine gefährliche Illusion:
„In dieser Woche hat die israelische Armee weiter Gaza bombardiert, im Süden Syriens interveniert, Damaskus angegriffen, den Südlibanon beschossen und zugelassen, dass Siedler ein Dorf im Westjordanland angreifen. ... Diese frenetische Offensive unter Führung von Benjamin Netanjahu soll dem Nahen Osten eine 'Pax hebraica' aufzwingen... Doch diese Hegemonie, die sich mit Feuer und Schwert von Damaskus bis Gaza und von Beirut bis Dschenin durchsetzt, ist letztlich nur ein trügerischer Sieg. ... . So sehr sich die Regierung in Tel Aviv ihrer militärischen Triumphe rühmt, so sehr zahlt sie dafür einen politisch exorbitanten Preis.“