Trumps Zölle: Was steckt wirklich dahinter?
US-Präsident Trump hat das Inkrafttreten der neuen US-Zölle für Importe aus dem Ausland um eine Woche verschoben. Statt ab dem 1. August sollen sie nun ab dem 7. August gelten. Welches Ziel Trumps erratische Handelspolitik verfolgt, ist noch immer Inhalt zahlreicher Analysen.
Instrument der Unterwerfung
Trumps Zollpolitik steht im Zeichen der Willkür und Abstrafung, betont Corriere della Sera:
„Zölle werden zu einer Allzweckwaffe mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Solange sie nur als Instrument zur Beseitigung von Handelsungleichgewichten präsentiert werden, befinden wir uns in einem wirtschaftlichen Bereich, der zwar umstritten, aber begrenzt ist. Der 47. Präsident nutzt sie jedoch auch – oder droht damit –, um andere Länder in außen- und sogar innenpolitischen Fragen seinem Willen zu unterwerfen. Ein im Handelsbereich als gültig angesehenes Abkommen kann aufgekündigt werden, wenn sich das Land den geopolitischen Prioritäten Washingtons in den Weg stellt.“
Rache statt Handelspolitik
Die Kleine Zeitung meint:
„Dass Trump Vergeltungszölle in Höhe von 40 oder 50 Prozent auf Waren aus Brasilien androht, ist keine Handelspolitik, sondern der Versuch von Einflussnahme auf die brasilianische Justiz. Der US-Präsident will die, seiner Meinung nach, 'politisch motivierte' Strafverfolgung gegen den rechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro beendet wissen. ... Im Norden droht Trump Kanada: Der Nachbar 'beabsichtigt', so wie das einem souveränen Staat zusteht, die Anerkennung eines Palästinenserstaates. Trump ließ umgehend wissen: 'Das wird es für uns sehr schwermachen, ein Handelsabkommen mit ihnen zu schließen.' Motto: Freund oder Feind – danach wirst du taxiert. Es geht längst um mehr als nur Zölle oder Politik. Es geht um Rachenahme.“
Entschlossener Angriff auf jahrzehntelangen Konsens
Trumps provokative Handelspolitik scheint sich – entgegen aller Vorhersagen und Mahnungen – auszuzahlen, so The Times:
„Die US-Wirtschaft hat in den drei Monaten bis Juni ein gesundes Wachstum mit einer Jahresrate von drei Prozent hingelegt. Die Inflation ist zurückgegangen. ... Es ist noch viel zu früh, um zu behaupten, dass Trump seine Handelskriege 'gewonnen' hat. Was wir jedoch mit Sicherheit sagen können, ist, dass sich die Anzeichen dafür verdichten, dass er mit den USA gerade den entschlossensten Angriff auf den Konsens von Eliten führt, dem politische Führer und Entscheidungsträger seit Jahrzehnten blind folgten. Nicht nur im Handel, sondern auch in fast allen anderen Bereichen zeigt seine Regierung der Meinung der Elite die kalte Schulter.“
Wirtschaftliche Autarkie ist eine Illusion
Vor allem die amerikanischen Verbraucher werden die Folgen der Zoll-Politik zu spüren bekommen, prophezeit hingegen L'Opinion:
„Dieser Handelskrieg wird überall viele Verlierer hervorbringen. Es sind Auswirkungen auf die Kaufkraft zu befürchten, allerdings nicht so sehr auf dieser Seite des Atlantiks. Es sind vielmehr die amerikanischen Verbraucher, die unter einer inflationären Gegenreaktion leiden könnten. Möge der Protektionismus von Donald Trump endlich die kurzsichtigen 'Barrierebefürworter' davon überzeugen, dass wirtschaftliche Autarkie illusorisch und aussichtslos ist. Möge der Umbruch, den wir derzeit erleben, ihnen die Augen für die Vorzüge des Freihandels und eines offenen Marktes nach sinnvollen Regeln öffnen. Es ist nie zu spät.“