Großbritannien: Was hat Trumps Besuch gebracht?
US-Präsident Donald Trump hat seinen Staatsbesuch in Großbritannien mit dem Abschluss eines milliardenschweren Wirtschaftsprogramms beendet. Rund 300 Milliarden Euro sollten in beidseitige Investitionen fließen, verkündeten Trump und der britische Premier Keir Starmer bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Zuvor war der Gast auf Schloss Windsor von König Charles III. empfangen worden. Kommentatoren ziehen Bilanz.
Es hat sich gelohnt
Auch weil Trump bei seinem Besuch so gebauchpinselt wurde, lief alles glatt, glaubt The Times:
„Die Kutschen, das Scharlachrot, die Bärenfelle, die Musikkapellen, die Dudelsäcke, die Kunstflugstaffel, das handpolierte Besteck: All dies hatte sich gelohnt. Präsident Trumps Mutter, Mary Anne MacLeod, eine Tochter der Hebriden und überzeugte Royalistin, wäre stolz gewesen. Nicht nur ein, sondern zwei Staatsbesuche. Wer hätte das gedacht? Trump schon. Als Mann, der die Werbewirksamkeit eindrucksvoller Bilder versteht, wollte der Präsident sich die Gelegenheit für ein unvergessliches Foto nicht entgehen lassen. ... Keir Starmer, der verzweifelt versuchte, Trump zu beschwichtigen und die Auswirkungen von dessen Zöllen auf britische Exporteure zu mildern, kam diesem Wunsch gerne nach.“
Wahlverwandtschaft
Starmer versteht sich eben gut mit Trump, wirft Corriere della Sera ein:
„Der Bewohner des Weißen Hauses brachte die Elite der amerikanischen Wirtschaft mit – von Microsoft bis Blackrock, von Google bis Apple – und es wurde eine Technologiepartnerschaft geschlossen, die die Vereinigten Staaten und Großbritannien Seite an Seite an die Spitze der weltweiten Revolution der künstlichen Intelligenz bringen soll. ... Wie Starmer sagte, werde die 'besondere Beziehung' zwischen den beiden Ländern, die bei Sicherheit und Handel bereits existiere, nun um eine neue technologische Säule bereichert. ... Für den britischen Premierminister war dieser Besuch also sicherlich ein Erfolg, der seine Rolle als denjenigen bestätigt, der Trump gedanklich und emotional am nächsten steht.“
Der König als oberster Diplomat
Premier Starmers Ansatz, Charles III. in den Trump-Besuch einzubeziehen, war erfolgreich, analysiert Corriere della Sera:
„Selten zuvor wurde die Monarchie für eine so politische Rolle eingesetzt. Und gestern hat König Charles seine Aufgaben als 'oberster Diplomat' voll und ganz erfüllt. Eine heikle Aufgabe, da es darum ging, eine so unberechenbare Persönlichkeit wie Donald Trump zu besänftigen: Aber der Monarch hat dies voll und ganz geschafft, gemessen an dem Lachen und den Witzen, die er mit dem Präsidenten austauschte, der nicht müde wurde, 'thank you, thank you' zu wiederholen. Es heißt immer, dass sich die britischen Royals aus der Politik heraushalten, aber Premier Keir Starmer hat beschlossen, diese Karte auszuspielen. ... Und König Charles hat sich nach anfänglichem Murren voll und ganz auf das Spiel eingelassen.“
Auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten
Trump durfte bei seinem Besuch seine kindliche Vorstellung von Macht ausleben, beschreibt Visão:
„Der Empfang durch Charles III. im Schloss Windsor war ein echtes Paradies für den US-Präsidenten, der die goldenen Säle, die Pracht der königlichen Kutsche, die Pferde der königlichen Regimenter und verschiedener Zweige der Streitkräfte, die im Gleichschritt marschieren, so sehr schätzt. Draußen gibt es Proteste – in Windsor und auch in London –, aber nichts davon beunruhigt Trump. ... Es war Donald Trumps Traum, der wahr geworden ist. Das ist verständlich. Er ist wie ein Kind auf einem Jahrmarkt der Eitelkeiten.“
Starmer muss in den sauren Apfel beißen
Trumps Staatsbesuch löst keinen Jubel aus, ist aber bitter nötig, so The Guardian:
„Viele werden vor dem Umgang mit Trump zurückschrecken. Diejenigen von uns, die keine Minister oder Diplomaten sind, genießen den Luxus, dies tun zu können. Für Starmer ist das keine Option. Da es im nationalen Interesse liegt, zu versuchen, Einfluss auf Trump zu nehmen, ist es Teil von Starmers Pflicht, dies zu versuchen. Er akzeptiert eindeutig, dass dies zu seinen Aufgaben gehört. Und er hat Recht damit. ... Es gibt natürlich mehrere Gründe, warum Trumps Staatsbesuch kritisiert werden kann und sollte. Der Hauptgrund ist, dass Trump Schaden anrichtet – und zwar in großem Umfang. Daher ist sein Besuch kein Anlass zum Feiern, sondern ein Versuch der Schadensbegrenzung.“
Abhängigkeit von den USA nicht weiter verstärken
Sich bei Trump anzubiedern, ist nicht im Interesse Großbritanniens, warnt The Spectator:
„Die 'besondere Beziehung' ist keine Beziehung von Gleichberechtigten. Sie tendiert schon jetzt zu einem Abhängigkeitsverhältnis, insbesondere in der Wirtschaft und Technologie. Wenn Großbritannien in diesem neuen Zeitalter der Rivalität seine Unabhängigkeit bewahren will, muss es diese Asymmetrie erkennen. ... Ein Drittel der ausländischen Direktinvestitionen in Großbritannien stammt mittlerweile aus den USA. ... Zu lange haben britische Politiker so getan, als handele es sich um eine familiäre Bande, die immun gegen die Logik der Macht sei. Aber Amerika ist eine Großmacht, kein wohlwollender Vetter. Es verfolgt seine Interessen, und diese stimmen nicht immer mit unseren überein.“
Vom Epstein-Skandal überschattet
Ein Thema musste unter Mühen vermieden werden, wirft Corriere del Ticino ein:
„Als 'unwillkommene Störung' bezeichnete König Charles III. die fristlose Entlassung des britischen Botschafters in Washington, Lord Mandelson, kurz vor Trumps Besuch. Grund dafür war dessen enge Freundschaft mit dem pädophilen Milliardär Jeffrey Epstein. Eng, aber niemals so eng wie die zwischen Epstein und dem US-Präsidenten, der vom König mit allen Ehren empfangen wurde. ... Der Monarch musste so tun, als hätte er das vergessen, aber die Demonstranten, die bei Trumps Ankunft das Foto der beiden auf die Mauern von Windsor Castle projizierten, erinnerten ihn daran. ... Das Epstein-Gespenst hat bekanntlich bereits schweren Schaden im Hause Windsor angerichtet: Prinz Andrew wurde von einem der Opfer, Virginia Giuffré, wegen sexueller Gewalt angeklagt.“