Polen: Wer steckt hinter Anschlag auf Bahnstrecke?

In Polen haben Unbekannte einen Sprengstoffanschlag auf eine Bahnstrecke verübt, die in die Ukraine führt. Dabei wurde ein Gleis in der Ortschaft Mika zerstört. Die Explosion zielte höchstwahrscheinlich auf einen Zug von Warschau nach Dęblin, sagte Regierungschef Tusk bei einem Besuch vor Ort. Der Geheimdienst ermittelt.

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Rzeczpospolita (PL) /

Das geht über hybriden Krieg hinaus

Rzeczpospolita vermutet Moskau hinter dem Anschlag:

„Niemand kann mehr daran zweifeln, dass Russland feindselige Akte gegen Polen auf unserem Territorium verübt und dass ein hybrider Krieg im Gange ist. Die russische Aggression hat unsere Grenzen überschritten. Es handelt sich dabei nicht um einen klassischen Krieg, wir werden nicht von Panzern, Bombern oder Infanterie angegriffen. ... Nun aber haben wir es mit einem Angriff zu tun, der viele Menschenleben hätte fordern können. Der Krieg wird immer weniger hybrid.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Ausweitung der Kampfzone

Sollte hinter der Sabotage tatsächlich Russland stehen, wäre eine neue Dimension erreicht, meint die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„Polens Behörden schreiben bereits einen Großbrand in einem Warschauer Einkaufszentrum voriges Jahr Russland zu. Einen erkennbaren praktischen Zweck für die russische Kriegführung in der Ukraine hatte er nicht. Bei der Beschädigung der Bahngleise zwischen Warschau und der polnisch-ukrainischen Grenze, also einer Nachschublinie für die Ukraine, ist das anders. ... Es wäre ein Akt der Kriegführung. Das würde eine solche Aktion auch von den Mordanschlägen unterscheiden, die der Kreml – die Gefährdung unbeteiligter Zivilisten in Kauf nehmend – früher in Großbritannien und Deutschland verüben ließ.“

Nikolai Mitrochin (RU) /

Osteuropa wird hineingezogen

Politologe Nikolai Mitrochin sieht auf Facebook eine Verbindung zu einem Anschlag auf Gleise in Sibirien, den der ukrainische Geheimdienst für sich reklamiert hat:

„Die Gleissprengung in Polen ist eine eindeutige 'Antwort' des [russischen Militärgeheimdienstes] GRU auf die erfolgreiche Aktion des [ukrainischen Militärnachrichtendienstes] HUR auf der Transsib, wo im Gebiet Chabarowsk am 13. November ein Zug zum Entgleisen gebracht wurde. Und davor gab es zwei Angriffe im August. Die Logik ist hier folgende: Ihr stört uns, Munition aus Nordkorea zu transportieren, wir stören euch, Munition aus Polen anzuliefern. Aber im Ganzen beginnt sich das düstere Szenario zu bewahrheiten, bei dem die Länder Osteuropas seitens der Russischen Föderation mit gewaltsamen (hybriden) Methoden in den Krieg hineingezogen werden.“

Newsweek Polska (PL) /

Gute Reaktionsfähigkeit

Warschau hat seine Hausaufgaben gemacht, befindet Newsweek Polska:

„Polen reagiert in den letzten Jahren immer besser auf solche Bedrohungen. Die Festnahme der Täter, die Identifizierung von Netzwerken mit Verbindungen nach Georgien, Belarus und Russland, die Neutralisierung von Cyberkriminalität und die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Nato-Partnern zeigen, dass der Staat Sabotage mittlerweile als ständiges Risiko und nicht mehr nur als punktuelles Problem betrachtet. Die Verfahren zum Schutz kritischer Infrastrukturen wurden verstärkt, die Cyberabwehrsysteme modernisiert, und dank der wachsenden Rolle von Europol und verbündeten Nachrichtendiensten agiert Polen nicht mehr isoliert.“