AfD-Politiker verprügelt: Verroht die Politik?

Der AfD-Landeschef von Bremen, Frank Magnitz, ist am Dienstag von vermummten Unbekannten bewusstlos geprügelt worden. Kommentatoren verurteilen den Angriff und richten mahnende Worte an all jene, die die AfD bekämpfen wollen.

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Spiegel Online (DE) /

Von wegen antifaschistische Helden

Schläge ersetzen in einer Demokratie keine Argumente, stellt Spiegel Online klar:

„Kein AfD-Anhänger wird sich wegen einer solchen Tat von der Partei abwenden, vielmehr schließt ein solcher Angriff ihre Reihen - deshalb ist er zu allem Übel auch eine politische Dummheit. Die Attacke ist zudem keine demokratische Notwehr gegen eine vermeintlich drohende Übernahme unseres Landes durch die autoritäre Rechte. Wer so denkt, hält unsere Demokratie für schwächer, als sie ist. Wer so handelt, hat die Demokratie im Grunde bereits verloren gegeben. ... [Die Täter] mögen sich für antifaschistische Helden halten, tatsächlich sind sie nur brutale Kriminelle. Und möge sich Frank Magnitz schnell und vollständig erholen. Auf dass man ihn bald wieder bekämpfen kann: mit Worten.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Jetzt verbal abrüsten

Die AfD-Gegner haben der Gewalt mit Worten den Boden bereitet, meint die Neue Zürcher Zeitung:

„Es ist richtig, dass die AfD für die Verrohung der politischen Kultur massgeblich verantwortlich ist. ... Aber viele Kritiker der Partei sind nicht besser. Sie mögen Übergriffe ablehnen. Aber die Begriffe, die sie verwenden, sind der Schlüssel, der anderen das Tor zur Gewalt aufschliesst. Allen voran der inzwischen fast allgegenwärtige 'Nazi'. In einem grossen Teil der deutschen Öffentlichkeit ist es üblich geworden, AfD-Mitglieder so zu titulieren. ... Wer meint, gegen Nazis zu kämpfen, und sei es durch einen Tweet oder ein T-Shirt, kann sich in einer Reihe mit den Geschwistern Scholl oder den Männern des 20. Juli wähnen. Das fühlt sich sicher gut an. Aber in Wahrheit schützen solch maximale Schmähwörter die offene Gesellschaft nicht, sie schaden ihr.“

Lidové noviny (CZ) /

Das erinnert an Weimar

Offenbar ist in Deutschland ein zivilisierter politischer Diskurs kaum mehr möglich, beobachtet Lidové noviny:

„Die AfD als Antisystempartei verfügt im Bundestag lediglich über 13 Prozent der Stimmen. ... Aber das Brodeln unter der Oberfläche ist unübersehbar. ... Random House lehnt die Herausgabe des neuen Buchs von Sarrazin ab; Suhrkamp distanziert sich von Aussagen seines Autors Tellkamp; Margarete Stokowski sagt eine ausverkaufte Lesung ab, weil der Buchhändler auch rechte Titel anbietet. ... Diese Zustände erinnern mehr an die Zeit vor 90 Jahren, als sich die Weimarer Republik ihrem Ende zuneigte, als an eine stabile Gesellschaft. Auch damals führten verschiedene Kämpfer das große Wort, ob ideologisch oder gewaltsam auf den Straßen.“

Rzeczpospolita (PL) /

AfD hat Image-Politur nötig

Rzeczpospolita glaubt, dass die AfD versuchen wird, den Vorfall zu nutzen, um aus der Schmuddelecke herauszukommen:

„Einige Parteistrukturen werden schon seit Langem [von den deutschen Sicherheitsbehörden] beobachtet, aber nicht die ganze Partei. Niemand zweifelt jedoch daran, dass die staatlichen Behörden in Deutschland gute Gründe dafür haben, ihr Interesse auf einige der Parteivorsitzenden zu richten, etwa aufgrund ihrer Verbindungen zum nationalsozialistischen Milieu. In dieser Situation bemüht sich die Partei, aus der politischen Ecke zu gelangen, in der sie als nationalistische, extreme Rechte mit einer problematischen Beziehung zur deutschen Vergangenheit gesehen wird.“