Lässt der Brexit den IRA-Terror wieder aufflammen?

Die Explosion eines Autos am Samstag im nordirischen Londonderry könnte laut Polizei auf das Konto der militanten Untergrundorganisation New IRA gehen. Kommentatoren diskutieren, welche Auswirkungen die Brexit-Verhandlungen auf den Frieden auf der irischen Insel haben.

Alle Zitate öffnen/schließen
Jyllands-Posten (DK) /

London schaffte Freiraum für Terroristen

Die Explosion in Londonderry ist für Jyllands-Posten ein erstes Anzeichen, dass die misslungenen Brexit-Verhandlungen möglicherweise einen Freiraum für Terroristen schaffen:

„Fast alle Iren, im Norden wie im Süden, sind gegen Gewalt und klammern sich an die erreichten Ergebnisse. In Nordirland leben mittlerweile genauso viele Katholiken wie Protestanten, was den weiteren Frieden fördern kann. Aber der amateurhafte, um nicht zu sagen katastrophale Verhandlungsstil in London hat Furcht aufkommen lassen und offenbar auch einen Freiraum für Terroristen geschaffen. Wenn Großbritannien sich selbst schadet, ist das bedauerlich, aber eine innere Angelegenheit. Wenn man aber einem Nachbarn schadet, wäre das unverzeihlich.“

Helsingin Sanomat (FI) /

Viel gefährlicher als eine Autobombe

Auch Helsingin Sanomat fürchtet die Auswirkungen der Brexit-Verhandlungen auf den irischen Frieden:

„Der Brexit ist für den Frieden auf der irischen Insel eine größere Gefahr als die von den Bewohnern der Region allgemein verurteilte Autobombe. ... Sollte es zwischen Irland und Nordirland plötzlich eine EU-Außengrenze ohne ein ihre Auswirkungen abfederndes Austrittsabkommen geben, wären die Auswirkungen auf den Alltag der Menschen dramatisch. Der Weg zum Friedensabkommen wurde während der EU-Mitgliedschaft Irlands und Großbritanniens geebnet. … Alle Parteien sind sich einig, dass der EU-Austritt nicht die Ergebnisse des nordirischen Friedensprozesses gefährden darf. … Der Brexit geht aber nicht auf die Bedürfnisse Irlands ein.“

The Irish Times (IE) /

Nordiren sind eh ganz anders

Warum eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland möglicherweise keinen großen Unterschied machen würde, erläutert Schriftsteller Michael O'Loughlin in The Irish Times:

„Der entscheidende Punkt ist, dass Grenzen nicht nur eine Linie auf dem Boden sind, sondern sich auch in den Menschen und ihrer Kultur spiegeln. Nordirland hat sich seit den 1920er-Jahren politisch und kulturell von der Republik Irland wegentwickelt. ... Ganz gleich, welche provisorischen Lösungen die Politiker in der irischen Grenzfrage finden werden, die harte Realität sieht so aus: Die Unterschiedlichkeiten werden zunehmen, wenn wir Iren europäischer werden und die Briten ... nun ja, was die werden, weiß noch keiner so genau. ... Die irischen Staatsgründer waren bereit, die Andersartigkeit Nordirlands als nötigen Preis für die eigene Unabhängigkeit zu akzeptieren. Das sollten wir heute noch.“