Zum Tod von Andrea Camilleri
Der italienische Bestseller-Autor Andrea Camilleri ist am Mittwoch 93-jährig in Rom gestorben. Er schrieb mehr als hundert Bücher, doch erst in den 1990er Jahren, mit fast 70 Jahren, schaffte er mit der Krimifigur Kommissar Montalbano den Durchbruch. Die Romane wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Kommentatoren erinnern an einen Autor, der einen besonderen Bezug zu seinen Lesern hatte.
Warum er von den Kritikern missverstanden wurde
Camilleri schrieb nicht für die Literatur-Kritiker, lobt Kolumnist Aldo Cazzullo in Corriere della Sera:
„Er war der letzte Geschichtenerzähler. Ein Schriftsteller des Volkes. Und das ist in Italien schwer zu akzeptieren, einem Land der Hofintellektuellen, die gewohnt sind, nicht für die Öffentlichkeit - oft Analphabeten -, sondern für den Herrn zu schreiben, der von Zeit zu Zeit mal ein Tyrann, mal ein ausländischer Herrscher ist, der Papst oder der Duce, die Partei oder die Kollegen der Akademie. In einer Welt von Literaten, die davon überzeugt sind, dass man umso besser ist, je unverständlicher man schreibt, konnte die wahre Größe von Camilleri nicht erkannt werden. Aus diesem Grund haben die Kritiker ihn weniger geliebt als die Leser.“
Krimi-Kommissar als politisches Sprachrohr
Der Tod des Schöpfers von Kommissar Salvo Montalbano ist ein großer Verlust für Italien, so Le Courrier in einem Nachruf:
„Die von dem früheren kommunistischen Aktivisten, der zutiefst humanistisch war und die linksliberale Partei PD oft für ihre Ideenlosigkeit kritisierte, geschriebenen und in den letzten Jahren aufgrund von Erblindung diktierten Romane greifen oft die triste politische Situation Italiens auf. Camilleri sprach von Montalbano, als gäbe es ihn wirklich. Salvo teilte viele seiner Vorstellungen, Meinungen, Freuden und Enttäuschungen. So ergriff der Kommissar Partei für die illegalen Einwanderer, bekämpfte die allgegenwärtige Mafia und erklärte sich bereit, infolge der von seinen 'Kollegen' 2001 während des G8-Gipfels in Genua begangenen barbarischen Taten seine Kündigung einzureichen. Ja, Andrea Camilleri wird Italien fehlen: der Kultur ebenso wie der Politik.“