Rummel um Özil-Tweet zur Uiguren-Verfolgung

Mesut Özil, der zur Zeit für den britischen Club Arsenal spielt, hat am Freitag mit einem Tweet für Schlagzeilen gesorgt, in dem er Chinas Repression gegen die Uiguren kritisierte. Peking reagierte mit einer Übertragungssperre für Arsenal-Spiele, der Club distanzierte sich daraufhin von seinem Spieler. Einige Kommentatoren würdigen Özils Mut, andere zweifeln an der Rechtschaffenheit seiner Motive.

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The Irish Times (IE) /

Vorbildlicher Mut

Özils Kritik an der Uiguren-Verfolgung sollte Nachahmer finden, lobt The Irish Times:

„Chinas Reaktion auf den Tweet eines Fußballers, der die Unterdrückung der uigurischen Minderheit kritisiert, beweist, wie empfindlich das Land auf ausländische Kommentare zu Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang reagiert. Und es unterstreicht, wie wichtig es ist, dass der Rest der Welt über solche Misshandlungen spricht. In einem Geschäft wie dem Elite-Fußball, in dem Spieler Angst haben, ihre Geldgeber und Unterstützer zu verärgern, scheut man zu oft selbst kleine Kontroversen. Arsenals Mesut Özil hat die sozialen Medien mutig genutzt, um sein Entsetzen über die Masseninhaftierung von muslimischen Uiguren auszudrücken. Seine Arbeitgeber zeigen diesen Mut nicht.“

taz, die tageszeitung (DE) /

Özil geht es nicht um Menschenrechte

Die taz findet Özils Äußerung scheinheilig:

„Für den Erdoğan-Freund, der auf seiner Hochzeit einen Autokraten zum Trauzeugen machte, einen völkischen Song spielen ließ und mit der Verfolgung Andersdenkender oder ethnischer Minderheiten in der Türkei öffentlich nie ein Problem hatte, ein kurioses Statement. Özil geht es wenig um allgemeine Menschenrechte. Er beklagt vor allem, dass Korane verbrannt und Moscheen und religiöse Schulen geschlossen werden und der nationalistische Begriff 'Ostturkestan' [zur Bezeichnung des uigurischen Gebiets in China] dürfte auch Erdoğan gefallen haben. Im Zuge der auch rassistisch geführten Debatte um das Erdoğan-Foto wurde der Ex-Nationalspieler gern als dummer Junge entschuldigt, mit dem Klischee des etwas naiven, aber im Grunde unpolitischen Fußballers. Dieses Bild hat sich überholt: Wer so schreibt oder schreiben lässt, ist ein religiöser Nationalist.“

The Times (GB) /

Sport ist für Peking Geopolitik

Chinas Versuch, Kritik von einzelnen Sportlern zu unterbinden, ist inakzeptabel, schimpft The Times:

„China wird Gastgeber der Olympischen Winterspiele 2022 sein und hofft, die Fifa-Weltmeisterschaft 2030 ausrichten zu dürfen. Es zielt ganz offensichtlich darauf ab, zu einem der weltweit bedeutendsten Sportveranstalter zu werden, um seinen geopolitischen Einfluss zu demonstrieren. Internationaler Sport hat für Peking schon immer eine politische Dimension gehabt. ... China und die Premier League können voneinander profitieren - aber nicht auf Kosten von Sportlern und Sportlerinnen, die quasi einen Treueschwur auf die oft verkannte und niederträchtige Politik der Kommunistischen Partei Chinas leisten müssten.“

De Volkskrant (NL) /

Erst das Fressen, dann die Moral

De Volkskrant-Kolumnistin Sheila Sitalsing erläutert die Motive von Arsenal, sich von Özil zu distanzieren:

„Das kann der Club nicht gebrauchen, gerade jetzt, wo es so gut läuft mit den TV-Rechten der Premier League, dem Verkauf von allerlei Kram und der eigenen Restaurantkette in China. ... Héctor Bellerín, ein Kollege von Özil, hatte über die britische Wahl getwittert mit Aufrufen wie fuckBoris und GoVote. Darauf kam keine unterwürfige Erklärung von Arsenal. ... Von Xi muss man eben mehr befürchten als von Johnson. Und von Moral kann ein Mensch keine Hamburger kaufen. Man sollte also genau aufpassen, wo die neuen Herren sitzen und was ihre Prioritäten sind. Mit dem Export von 5G, hippen Telefonen, Straßen, Häfen, Eisenbahnen, Computern, Autos und Technologie liefert China gratis ein Weltbild mit. Das von Repression und Zensur, von Indoktrinierung und 'Umerziehung'.“