Eklat um César für Roman Polanski

Trotz seiner Veurteilung wegen Vergewaltigung wurde Roman Polanski am Freitag mit einem César als bester Regisseur ausgezeichnet. Mehrere Frauen, darunter Schauspielerin Adèle Haenel, die 2019 die MeToo-Debatte in Frankreich neu angestoßen hatte, verließen aus Empörung den Saal. Polanski selbst war nicht bei der Zeremonie. Frankreichs Presse kritisiert sowohl die Auszeichnung als auch den Protest.

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Slate (FR) /

Ungeheuerliche Entscheidung

Mit der Prämierung Polanskis hat die César-Akademie versagt, moniert Filmkritiker Jean-Michel Frodon in Slate:

„Das ist die schlechteste Entscheidung, die die Abstimmenden der Akademie der Kinokünste und -techniken treffen konnten. Mit der Auszeichnung nicht für den Film Intrige, sondern Roman Polanski selbst erteilen sie einem Mann, der diverser Verbrechen beschuldigt wird und für eines davon verurteilt wurde, persönliche Unterstützung. … Intrige hat niemanden vergewaltigt. Einen Film auszuzeichnen oder nicht kann man dulden, wenn man die Qualitäten berücksichtigt, die jedoch völlig aus dem Blick geraten sind. … Es ist schlimm, dass der Preis von den 4.313 Abstimmenden nicht dem Film, sondern der Person Roman Polanski verliehen wurde.“

Le Figaro (FR) /

Unlogisches Protestverhalten

Der Reaktion der Empörten kann Le Figaro nichts abgewinnen:

„Wäre es nicht logischer gewesen, wenn diese Personen nicht gekommen wären, wo sie doch die Nominierung des Films, dessen Existenz und Verbreitung verurteilen? Welch seltsames Verhalten, das Spiel mitzuspielen, wenn das Ergebnis einem passt, und tabula rasa zu machen, falls nicht. Aufgrund genau dieser Denkweise betrachten einige die Demokratie als illegitim und wollen sie stürzen - selbstverständlich mit den besten Absichten für die Welt und zum Wohle des Volks. Die Frauen verteidigen ihre Würde und ihren Platz in der Gesellschaft zu Recht. Einige machen dies mit einer besonders bemerkenswerten Intelligenz. ... Diese Frauen machen ihr Ressentiment nicht zu ihrem Credo, hegen keinen Hass auf die Vergangenheit und ihre Urteilskraft basiert auf ihrer intellektuellen Integrität.“