75 Jahre Hiroshima und die atomare Bedrohung heute

Am heutigen 6. August vor 75 Jahren fiel die US-Atombombe "Little Boy" auf Hiroshima. Über 140.000 Menschen verloren ihr Leben, bis heute leiden Menschen an den Spätfolgen der nuklearen Strahlung. Zum Gedenktag werfen Kommentatoren einen sorgenvollen Blick auf das Verhältnis zwischen den heutigen Atommächten.

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The Guardian (GB) /

Neue Aufrüstung darf uns nicht kaltlassen

Anders als zu Zeiten des Kalten Kriegs scheint das Wettrüsten der Großmächte heute niemanden zu kümmern, schlägt The Guardian Alarm:

„Auffällig ist das Fehlen einer öffentlichen Debatte oder eines Gefühls der Besorgnis angesichts der betrüblichen Tatsache, dass hoch entwickelte neue Atom-, Hyperschall-, Cyber- und Weltraumwaffen entwickelt werden. ... Der Kampf um den Weltraum geht erst so richtig los, doch er verdient unsere sofortige Aufmerksamkeit. Russland entwickelt ja angeblich Anti-Satelliten-Waffen - da werden die USA und China mit ziemlicher Sicherheit um nichts nachstehen. Frühere Verpflichtungen zur friedlichen Nutzung des Weltraums werden damit untergraben. ... 75 Jahre nachdem das Armageddon die Menschen in Japan heimsuchte, scheint die Welt den wahrhaft existenziellen Schrecken dieses Augenblicks vergessen zu haben.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Nur wirksame Abschreckung bietet Schutz

Gerade die starke Bewaffnung möglicher Kriegsgegner kann den Frieden sichern, widerspricht die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„Der befürch­te­te dritte und letzte Welt­krieg zwischen dem von Ameri­ka ange­führ­ten freien Westen und der Sowjet­uni­on mit ihren Satel­li­ten ... brach nicht aus, obwohl sich die antago­nis­ti­schen Blöcke bis an die Zähne bewaff­net in Europa gegen­über­stan­den. Denn auch ein 'nur' mit konven­tio­nel­len Waffen begon­ne­ner Angriff hätte zur 'wech­sel­sei­ti­gen gesi­cher­ten Vernich­tung' führen können. Dieses Risiko hielt selbst die 'Falken' auf beiden Seiten von mili­tä­ri­schen Aben­teu­ern unter Verwen­dung von Atom­waf­fen ab. Die Abschre­ckung funk­tio­nier­te. Nur sie bietet Schutz vor den Höllen­ma­schi­nen. Wirk­sam abschre­cken zu können muss daher immer noch und wieder obers­tes Gebot euro­päi­scher Sicher­heits­po­li­tik sein.“

L'Echo (BE) /

Dialogunfähige Atommächte

Die USA lehnen einen Vertrag zur Begrenzung ihres Nukleararsenals ab, wenn dieser nicht auch von China unterschrieben wird. Anders als im Kalten Krieg verständigen sich die großen Atommächte heute nicht auf ein klares Nein zu atomarer Aufrüstung, klagt L'Echo:

„Das Problem ist, dass vor dem Unterzeichnen von Abkommen dieser Art Vertrauen nötig ist. Doch dieses muss aufgebaut werden. Nicht durch Verdammungen, Drohungen und Vergeltungsmaßnahmen, sondern indem man Signale der Öffnung aussendet und konkrete Schritte aushandelt. Doch wo sind die? Suchen Sie nicht: Bislang bleibt der Dialog zwischen den drei großen Atommächten gewissermaßen aus. Washington, Moskau und Peking haben gegenüber der Menschheit allerdings die Pflicht, einen permanenten Austausch am Leben zu halten, um das Risiko einzudämmen.“