Ist Assanges Auslieferung unvermeidlich?

Wikileaks-Gründer Julian Assange wehrt sich seit Montag vor einem Londoner Gericht erneut gegen seine Auslieferung in die USA. Dort drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft für die Veröffentlichung von Militärgeheimnissen. Journalisten-NGOs sehen darin einen gefährlichen Präzedenzfall für die Sicherheit von Whistleblowern und die Pressefreiheit als Ganzes. Kommentatoren hoffen, dass sich das Blatt wendet.

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Netzpolitik.org (DE) /

Kritischer Journalismus darf kein Verbrechen sein

Für den Gründer des Onlineportals Netzpolitik.org, Markus Beckedahl, ist der Prozess eindeutig ein Angriff auf die Pressefreiheit:

„Wikileaks war bei den Veröffentlichungen ganz klar in ein journalistisches Ökosystem eingebunden. Und die konstruierten Vorwürfe könnten auch gegen uns angewendet werden: Auch wir geben (nicht nur) unseren potentiellen Quellen Tipps und Tricks zur digitalen Selbstverteidigung und empfehlen Tools und Wege, die eigenen Datenspuren zu minimieren oder zu verstecken sowie Verschlüsselungswerkzeuge zu nutzen. ... Wir drücken die Daumen, dass er in einem fairen Prozess seine Unschuld beweisen kann. Aber viel Hoffnung auf diesen fairen Prozess haben wir nicht. Kritischer und investigativer Journalismus darf kein Verbrechen sein.“

Marianne (FR) /

Frankreich als letzter Strohhalm

Der französische Justizminister Éric Dupond-Moretti könnte Assanges letzte Chance sein, meint Marianne:

„Wenn ein Land ihm Asyl gewährt, wäre das Auslieferungsverfahren gelaufen. ... 2015 stellte Julian Assange in einem Brief an den damaligen Präsidenten der Republik, François Hollande, eine offizielle Anfrage. Getragen von seinem legendären Mut nahm dieser davon Abstand, der Bitte nachzukommen. Wird sein Nachfolger es wagen? Bevor er in die Regierung berufen wurde, war Éric Dupond-Moretti einer der Anwälte von Julian Assange. Auf einer Pressekonferenz im Februar sagte er: 'Die 175 Jahre Haft, die ihm in den USA drohen, sind eine unwürdige, unerträgliche Strafe, die gegen die Menschenwürde verstößt.' Der Justizminister hat ein Gespräch mit Emmanuel Macron beantragt, um ihn zu bitten, dem jenseits des Kanals Gefangenen Asyl zu gewähren. Wird der Minister erfolgreicher sein als der Anwalt?“