Maradona: Tod einer Legende

Der Fußballer Diego Maradona ist am Mittwoch im Alter von 60 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Der aus einem Armenviertel von Buenos Aires stammende Spieler galt als einer der besten aller Zeiten und verhalf auf dem Höhepunkt seiner Karriere 1986 und 1987 sowohl Argentinien, als auch dem SSC Neapel zu Titelehren.

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De Volkskrant (NL) /

Total besoffen auf der Ehrentribüne

Für De-Volkskrant-Kolumnist Bert Wagendorp ist Maradona einer jener Menschen, an dessen Todeszeitpunkt sich alle erinnern werden:

„Wo warst Du, als Du davon hörtest? Wer zu den 'Wo-Warst-Du-Toten' gehören will, täte jedoch gut daran, nicht nur in der eigenen Kernaktivität ausgezeichnete Leistungen zu bringen, sondern auch auf anderen Gebieten zu glänzen. Maradona schnupfte viel Kokain, umgab sich mit Abschaum, entwickelte eine Sexsucht, wurde ekelhaft dick und nahm total besoffen auf der Ehrentribüne Platz. Sein berühmtestes Tor machte er mit der Hand, sein allerschönstes mit zwei Füßen. ... Man sollte meinen, bei einer solchen Fußballkarriere sei das alles Nebensache. Doch man kann auch feststellen, dass er ein selbstdestruktiver Mann war, der unterging an seinem Ruhm und einzigartigen Talent und an den Aasgeiern, die das anzog.“

Jutarnji list (HR) /

Antiheld mit göttlichen Beinen

Da ist ein ganz Großer von uns gegangen, meint Jutarnji list:

„Er war ein Süchtiger, ein Drogenabhängiger, unhöflich, der sich über Größen wie Barcelona, aber auch die Fifa lustig machte. ... Nie zuvor oder danach hat jemand die Fußballwelt derart polarisiert. ... Sollte sich jemals einer dem Status eines internationalen Volkshelden angenähert haben, dann war es Diego. ... Der kleine dickliche mit dem schrecklichen Stil, zweifelhaften Überzeugungen und zahlreichen kriminellen Lebensentscheidungen war irgendwie einer von uns. ... Leo Messi, Cristiano Ronaldo, der 'wahre' Ronaldo, Pele oder jemand Fünftes wird da niemals herankommen. Maradona war ein Sünder mit teuflischer Seele und göttlichen Beinen. Der Größte.“

In (GR) /

Ikone der Benachteiligten

Seine größten Verehrer hatte Maradona unter denen, die im Schatten anderer lebten, schreibt das Internetportal In.gr:

„Er ging nach Neapel und schaffte es bis zur Meisterschaft. Er bot dem immer unterschätzten italienischen Süden den Stolz, den dieser seit Jahren im Norden gesucht hatte, der immer auf ihn herabblickte. ... Er war nie nur eine 'Sportmaschine' ohne Gedanken und Gefühle. Er zeigte immer wieder sein soziales und politisches Gewissen. Das große Tattoo mit seinem Landsmann Che auf dem Arm war kein Zufall. Er stand Fidel Castro und Chávez zur Seite. Er sprach immer von den Gedemütigten und Unterdrückten, und es waren immer die Armen und die einfachen Leute, die ihn als Idol hatten. Und deshalb wurde er mehr verehrt als jeder andere Fußballer.“

republica.ro (RO) /

So wichtig wie Mamma

Der Wirtschaftsanalyst Claudiu Vuță erinnert in republica.ro an Maradonas wichtige Zeit in Neapel:

„Die neapolitanischen Fans haben in der Regel zwei Fotos in ihrer Tasche - eines von ihrer Mutter und eines von Maradona. Sie lieben ihn und sie werden um ihn trauern, weil der Argentinier ihnen das Vertrauen gegeben hat, dass sie gegen Mannschaften wie AC Mailand, Juventus und Inter Mailand oder Sampdoria Genua gewinnen können. Maradona zu beleidigen, kommt in Neapel einer Beleidigung der Mutter gleich und das ist kein Witz. … Die ganze Welt wird um Maradona trauern, doch an zwei Orten werden sich die Fußballfans immer an ihn erinnern, weil er einer der ihren war - Argentinien und Neapel!“

Tygodnik Powszechny (PL) /

Unmenschlich ausgebeutet

Tygodnik Powszechny verweist darauf, welcher Druck insbesondere auf dem jungen Maradona lastete:

„Am Tag seines vorzeitigen Todes fällt es schwer, nicht daran zu denken, wie unmenschlich er ausgebeutet wurde: Er war noch keine zwanzig Jahre alt und hatte bereits mehr als zweihundert Spiele in der argentinischen Liga bestritten, er hatte ständig mit einer Oberschenkelverletzung zu kämpfen und nahm regelmäßig Schmerzmittel ein. Sein damaliger Verein, Boca Juniors, war finanziell so abhängig von den Fans, die den jungen Virtuosen auf dem Platz sehen wollten, dass er spielen musste, egal wie sehr es seinen Körper zerstörte. ... Jetzt, wo er tot ist, drängt sich der Gedanke auf, dass nicht Maradona unreif war, sondern die Welt, in der er lebte.“

Azonnali (HU) /

Tragisches Idol

Allzu viel Verehrung tut keinem Menschen gut, meint Patrik Galavits in Azonnali:

„Diesen Typen wollte jedermann als Gott sehen, und vielleicht hat er auch selbst geglaubt, dass er Gott ist. ... Eine solche Last kann man nicht ertragen, ohne die geistige Gesundheit zu verlieren. Auch ihm ist das nicht gelungen. ... Ein paar Jahrzehnte lang wurde er eher als Gott denn als Mensch betrachtet, um dann für ewig eine Legende zu bleiben. Ob er auch glücklich war? “