Warum unterstützt Matteo Salvini Mario Draghi?

Die Unterstützung von Matteo Salvinis rechtspopulistischer, europaskeptischer Partei Lega für Italiens neue Regierung hat nicht nur dort viele Beobachter überrascht. Kommentatoren finden beim genaueren Hinsehen aber doch einige Gründe für den Kurswechsel.

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La Vanguardia (ES) /

Wo es Geld regnet, läuft keiner weg

La Vanguardia findet die Unterstützung durch die Lega gar nicht so überraschend:

„Dass sich das Gros der Parteien auf ungewohnte Weise hinter Draghi schart, liegt nicht allein an dessen Ansehen. Es hat auch, und viel, damit zu tun, dass sich in Erwartung von 209 Milliarden Euro europäischer Hilfsgelder fast keine Partei zu weit weg von der Regierung positionieren will. Erwartungsgemäß erhalten zwar die meisten bedeutenden Ministerien - Inneres, Äußeres, Justiz etc. - einen technokratischen Anstrich. Aber es ist auch wahrscheinlich, dass einige Posten für die Vertreter der Parteien abfallen, die Draghi unterstützen.“

Corriere del Ticino (CH) /

Italexit ist vom Tisch

Die Kehrtwende der Europa-Skeptiker entlarvt ihren bisherigen Kurs als Farce, spottet Corriere del Ticino:

„In Erwartung der Entwicklungen in Rom gibt es für viele Souveränisten und Populisten nicht wenig Dinge, über die es nachzudenken gilt. Lautete doch bis vor nicht allzu langer Zeit ihre Strategie für Italien, aus dem Euro und der EU auszutreten. Nun scheint diese Linie wie von selbst verschwunden zu sein. Einige von ihnen sind gar bereit, die Regierung Draghi nicht nur zu unterstützen, sondern ihr sogar beizutreten. Da bleibt nur festzuhalten, dass wenn der Italexit angesichts der Geschichte und der Realität auf der Halbinsel schon vorher keine gute Idee war, die Fakten ihn jetzt als noch undurchführbarer bestätigen.“

Népszava (HU) /

Lega macht Platz am rechten Rand

Salvini flieht vor der Konkurrenz ins Zentrum, beobachtet Népszava:

„Seit einer Weile versucht Salvini offensichtlich, sich als ein moderaterer rechter Politiker als früher darzustellen. ... Wahrscheinlich liegt das an den Umfragen, die die ebenso rechtspopulistische Partei von Giorgia Meloni, die Fratelli d'Italia (Brüder Italiens, FdI) bereits auf dem dritten Platz sehen. ... Eine zukünftige neue Draghi-Regierung kann Salvinis Mäßigungsprozess beschleunigen. Das bedeutet aber auch, dass die ungarische Regierung einen weiteren Verbündeten auf der EU-Ebene verliert.“