Italien: Haftentlassung für den Falcone-Mörder

Giovanni Brusca, Mafia-Boss der sizilianischen Cosa Nostra, ist nach 25 Jahren Haft im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms aus dem Gefängnis entlassen worden. Nach seiner Festnahme im Jahr 1996 hatte er gestanden, bei Palermo jene 500-Kilogramm-Bombe gezündet zu haben, die den Mafia-Richter Giovanni Falcone, dessen Ehefrau sowie drei Leibwächter tötete. Bruscas Aussagen führten zu Verurteilungen weiterer Cosa-Nostra-Bosse.

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Tages-Anzeiger (CH) /

So hoch ist der Preis für die Mafia-Bekämpfung

Italien bleibt gar nichts anderes übrig, als den Kronzeugen enorme Haftrabatte anzubieten, konstatiert der Tages-Anzeiger:

„Ob Brusca seine vielen Taten auch wirklich bereute, wie es das Gesetz für die sogenannten 'pentiti', die Reumütigen, eigentlich vorsähe, ist dabei zweitrangig. … Es stellte sich nämlich heraus, dass er eine verlässliche und ergiebige Quelle war. Dem Staat gelangen dank Bruscas Insiderinformationen viele Festnahmen und eine Schwächung der Cosa Nostra, was sonst wohl nicht gelungen wäre. Wahrscheinlich konnte so auch viel zusätzliches Leid verhindert werden. Die skandalös frühe Freilassung von Leuten wie Brusca ist der Preis, den Italien dafür bezahlt, dass es ohne Kronzeugen machtlos ist gegen die Unterwelt.“

Il Fatto Quotidiano (IT) /

Falcone selbst stand hinter dieser Regelung

Die vor allem aus dem rechten Lager vorgebrachte große Empörung über die Freilassung ist fehl am Platz, argumentiert Il Fatto Quotidiano:

„Wenn Brusca aus dem Gefängnis entlassen wurde, dann dank einer Gesetzgebung, die von seinem berühmtesten Opfer inspiriert, erdacht und stark gewünscht wurde: Giovanni Falcone. ... Für diese Regelung ließ sich Falcone von dem in den USA geltenden Zeugenschutzgesetz inspirieren. … Warum sollte ein Mafioso ohne Strafminderung, ohne die Möglichkeit einer Bonusgenehmigung und vor allem ohne eine Schutzgarantie für sich und seine Angehörigen mit der Justiz zusammenarbeiten?“

Jutarnji list (HR) /

Die Gesetze sind hausgemacht

Dass sich nun Politiker über die Entlassung aufregen, die als Abgeordnete die Gesetzgebung in der Hand haben oder hatten, ist scheinheilig, ergänzt Jutarnji list:

„Der Anführer der Lega Matteo Salvini sagte, Bruscas Entlassung sei eine 'Sauerei', Brusca sei 'ein Monster, das nicht aus dem Verließ hätte entlassen werden dürfen'. Der ehemalige Premier Enrico Letta sprach von einem 'Hieb in die Magengrube'. Berlusconis Parteigouverneur Antonio Tajani meinte, 'solches Recht ist nicht gerecht'. Doch die Einzigen, die kein moralisches Recht haben, sich zu entrüsten und die Richter zu kritisieren, sind die aktuellen oder ehemaligen Parlamentsabgeordneten. Auf den Gesetzen, die sie verabschiedet haben und die sie hätten verändern können, basiert schließlich der Richterentscheid.“