Biden irritiert mit Aussagen zum Ukraine-Konflikt

US-Präsident Biden hat mit Äußerungen zu einem möglichen russischen Einmarsch in die Ukraine für Stirnrunzeln gesorgt. Ein "geringfügiges Eindringen" sei "eine Sache", so Biden. Ein voller Einsatz der bereitstehenden Truppen werde für Russland hingegen in einer Katastrophe enden. Dass Nato-Sanktionen hier anscheinend vom Ausmaß eines potenziellen Einmarschs abhängen sollen, empört europäische Medien.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

So spaltet man die Nato

Bidens Unterscheidung zwischen einem "geringfügigen Eindringen" und einem größeren Einmarsch trifft auf das Unverständnis der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

„Wo genau die Trennlinie verlaufen würde, hat er nicht gesagt, aber dafür freimütig davon berichtet, dass hier Uneinigkeit in der Nato herrsche. Man kann sich in etwa ausmalen, welche Verbündeten im Fall von (wie auch immer definierten) kleineren Grenzverletzungen gern nur kleinere, vielleicht sogar gar keine Sanktionen verhängen würden. ... Der Versuch der Schadensbegrenzung, den die Sprecherin des Weißen Hauses unternahm, ändert nichts daran, dass Pu­tin nun weiß, welchen Weg er in die Ukraine nehmen müsste, um zumindest die Nato zu spalten. Dafür hat er nicht einmal Spione in Brüssel gebraucht.“

Tages-Anzeiger (CH) /

Ein bisschen Invasion ist offenbar drin

Der jüngste Lapsus von Biden muss für die Ukrainer wie blanker Hohn klingen, kritisiert der Tages-Anzeiger:

„Ein richtiges Einrücken wäre 'eine Katastrophe' für Russland, ein 'geringfügiger Einfall' wäre jedoch etwas ganz anderes, so Biden. Das dürfte Putin gefreut und davon überzeugt haben, dass er noch viel Spielraum hat mit seinem Truppenaufmarsch gegen die Ukraine und den Westen - denn ein bisschen Invasion liegt ja offenbar drin. ... Bidens Pressestelle hat das präsidiale Plaudern aus dem Nähkästchen rasch mit einem der gewohnten, gedrechselten Statements nachgebessert ... Doch da hat Wladimir Putin sicher schon längst nicht mehr hingehört.“

Eesti Päevaleht (EE) /

Gibst du den kleinen Finger, nimmt Putin die Hand

Auch für Eesti Päevaleht gehen die Äußerungen des US-Präsidenten genau in die falsche Richtung:

„War Bidens Aussage ein Versprecher, eine realistische Einschätzung der Möglichkeiten der Nato oder ein Ausplaudern eines Abkommens? ... Solche Erklärungen erhöhen nicht das Sicherheitsgefühl der Ukraine und auch nicht der baltischen Staaten. In den Jahren, in denen Russland zum Dialog aufgerufen wurde, ist es für seine Nachbarn immer gefährlicher geworden. Es ist nicht am Dialog interessiert. In dieser Lage ist die einzige Lösung eine allseitige militärische Unterstützung an Ukraine im viel größeren Umfang als bis jetzt. Nichts anderes stoppt Putin. Gibst du dem Bösen den Finger, nimmt es die ganze Hand.“