Heard vs. Depp: Was bleibt nach dem Urteil?

Im Verleumdungsprozess zwischen Hollywood-Star Johnny Depp und seiner Ex-Frau Amber Heard hat sich die Jury größtenteils auf die Seite Depps gestellt, aber auch Heard in einigen Punkten Recht gegeben. Journalisten beschäftigen sich aber vor allem damit, dass auch die Netzöffentlichkeit sich klar gegen Heard positionierte.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Gefühlte Wahrnehmung dominiert

Wenn die öffentliche Wahrnehmung eines Gerichtsverfahrens von den Sozialen Medien dominiert wird, ist das für die Justiz ein gewaltiges Problem, hat die Süddeutsche Zeitung gelernt:

„Wer den Prozess in voller Länge verfolgt und dann das Online-Framing dazu gesehen hat, weiß spätestens jetzt, wie Donald Trump US-Präsident werden konnte - und es wieder werden könnte. Es ist grotesk, wie im Netz Fakten verdreht wurden, wie Ahnungslose zu Star-Experten auf ihren Youtube-Kanälen wurden und damit Hunderttausende Zuschauer fanden, die glaubten, was da gesagt wurde. ... Und diese völlige Verdrehung ist geschehen, obwohl der Prozess live im Fernsehen übertragen wurde und jedes Detail daher nachvollziehbar war. Trotzdem dominierte in der Öffentlichkeit die gefühlte Wahrnehmung, nicht die Wirklichkeit.“

El País (ES) /

Radikaler Angriff auf MeToo

El País ist erschüttert, wie sehr der Prozess Frauenhass fördert:

„Das Urteil verdient absoluten Respekt. Abgesehen davon ist aber das Aufschlussreiche an dem Prozess die Hasstiraden gegen die Schauspielerin - vor allem in den sozialen Netzwerken. Sie offenbaren ein zweites, verstecktes Urteil, das über die beiden Berühmtheiten hinausgeht: ein wütender Angriff auf die MeToo-Bewegung. ... Neben dem alten digitalen Antifeminismus zeigt die heftige Reaktion gegen Heard, worum es wirklich geht: die Instrumentalisierung eines Urteils gegen alles, wofür MeToo stand, den Kampf gegen Hassrede, Frauenfeindlichkeit und die Beschneidung der Freiheiten von Frauen.“