Was würden Patriots für Kyjiw bedeuten?

Die USA planen offenbar, Patriot-Luftabwehrsysteme an die Ukraine zu liefern. Ein entsprechender Beschluss könnte noch diese Woche veröffentlicht werden, so US-Offizielle gegenüber Reuters. Bisher hatten Kyjiws Verbündete mit solchen Lieferungen gezögert. Polens Idee, deutsche Patriot-Systeme an die Ukraine weiterzureichen, scheiterte an Berlin. Europas Presse bewertet, welche Tragweite die Lieferungen hätten.

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Polityka (PL) /

Militärisch bahnbrechend

Polityka geht auf die operative Bedeutung der Entscheidung ein:

„Diese Entscheidung ist gerade deshalb bahnbrechend, weil Radare und Abfangraketen, die auf Entfernungen von etwa hundert Kilometern wirksam operieren können, bessere Erkennungs- und Bekämpfungsmöglichkeiten bieten. Im Vergleich dazu haben Kurzstreckensysteme wie Nasams oder Iris-T eine Reichweite von 25 bis 40 Kilometern. Der ukrainische Radius auf der Landkarte wird sich merklich ausweiten, und der (ohnehin schon in Zweifel gezogene) freie Handlungsraum für die russische Luftwaffe oder Langstreckenwaffen (Marschflugkörper, Drohnen) wird sich deutlich verkleinern.“

Deutschlandfunk (DE) /

Wichtig, aber noch nicht genug

Es ist tatsächlich höchste Zeit, die ukrainische Luftabwehr zu stärken, kommentiert der Deutschlandfunk:

„Trotz vermeintlicher Engpässe bei Raketen und Marschflugkörpern schaffen es Moskaus Invasoren nach wie vor, Nadelstiche zu setzen. Die ukrainische Energieinfrastruktur ist mittlerweile derart beschädigt, dass selbst einzelne Geschosse, die auf Kraftwerke und Hochspannungsleitungen niedergehen, die ohnehin prekäre Lage verschärfen können. ... Bei Flugabwehrsystemen darf es der Westen aber nicht belassen. Längst sind auch Langstreckenraketen für Gegenangriffe notwendig - Großbritannien hat hierbei Bereitschaft signalisiert. Die Slowakei liefert offenbar Kampfflugzeuge aus eigenen Beständen - auch das ein überfälliger Schritt.“

Iswestija (RU) /

Einweisung wird Monate dauern

Anton Lawrow, der Militärexperte von Iswestija, rechnet nicht mit einem baldigen Einsatz der Patriots:

„Ein Problem für Kiew ist die Dauer der Einarbeitung in das komplexe System. Von der Bekanntgabe der Übergabepläne bis zum tatsächlichen Einsatz in der Ukraine wird es lange dauern. Anders als bei der schlichten Haubitze M777 dauert der gesamte Ausbildungszyklus an den Patriots viele Monate. Dies gilt insbesondere für die Offiziersausbildung in der taktischen Anwendung. Es ist ja kein Zufall, dass viele Staaten seit Jahren auf 'ausgeliehene' Bataillone der US-Streitkräfte mit ausschließlich amerikanischem Personal angewiesen sind. Verständlich, dass diese Variante in der Ukraine keine Möglichkeit ist.“

Wprost (PL) /

Ein Signal auch an Deutschland

Die USA sind wieder einmal konsequenter als Europa, beobachtet Wprost:

„Das Signal aus Washington ist eindeutig: Es gibt keine Beschränkungen für die Lieferung von Waffen an die Ukraine, die für den Sieg über Russland erforderlich sind. Damit keine Zweifel aufkommen: dieses Signal richtet sich nicht nur an den Kreml, sondern auch an die europäischen Verbündeten, die nicht bereit sind, sich für eine schnelle Beendigung des Krieges einzusetzen. Dies gilt vor allem für Deutschland, das oft peinliche Verrenkungen hinsichtlich der militärischen Unterstützung Kyjiws anstellt.“