Rumänien: Lehrer streiken für würdige Bezahlung

Seit Montag sind in Rumänien zahlreiche Lehrer in einen unbefristeten Streik getreten, um höhere Gehälter und mehr Investitionen ins Bildungssystem zu erstreiten. Als Berufseinsteiger an einer öffentlichen Schule erhält eine Lehrkraft rund 480 Euro im Monat. Auch den Kommentatoren ist das zu wenig.

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Observator Cultural (RO) /

Rechtswidrige Unterfinanzierung

Der Chefredakteur der Wochenzeitung Observator Cultural, Matei Martin, kritisiert die kategorische Weigerung der gesetzlich verankerten staatlichen Verpflichtung nachzukommen, sechs Prozent des BIP ins Bildungssystem zu investieren:

„Es ist ein kolossales Versagen, für das bislang keine Regierung zur Verantwortung gezogen wurde. Rechtfertigungen haben wir genügend gehört: Dass Rumänien auch andere Verpflichtungen zu erfüllen habe. ... Dass immer neue Notfälle (wie die Gesundheitskrise) den Staat zwingen, die Finanzen neu auszurichten. Und ich habe sogar die Theorie eines selbstgefälligen Ex-Ministers gehört, dass nach Jahren der Unterfinanzierung eine plötzliche Genehmigung von sechs Prozent des BIP das gesamte System destabilisieren würde (was hieße, dass Unterfinanzierung Stabilität bedeutet!).“

G4Media.ro (RO) /

Dieser Protest kann sich leicht ausweiten

Wie dicht der Streik am Mark der Gesellschaft ist, beschreibt G4Media.ro:

„Viele Eltern wissen gerade nicht, was sie mit ihren Kindern machen sollen; es gibt keinerlei Unterricht mehr. ... Der Streik betrifft weite Teile der Bevölkerung. Die Zukunft der Kinder und ihre Bildung sind für jede Familie eine Priorität und ein sensibles Thema. Das Ausmaß der sozialen Spannungen verstärkt sich auch durch das Risiko, dass der Generalstreik im Bildungssystem - der erste in den vergangenen 18 Jahren - Beamte in anderen Bereichen anstecken wird, die ebenfalls mit ihren Gehältern unzufrieden sind (sei es in der Verwaltung oder im Gesundheitsbereich).“

Libertatea (RO) /

Vom Gehalt muss man leben können

Costi Rogozeanu, selbst Lehrer und Journalist, kommentiert in Libertatea:

„Ich bin Lehrer und es stört mich nicht, dass ich bezahlt werde wie ein Kassierer oder deutlich weniger erhalte als ein Lkw-Fahrer. Was mich stört ist, dass weder ich noch der Kassierer mit diesem Gehalt anständig leben können. ... In einer besseren Welt, würden Lehrer und Kassierer zusammen auf die Straße gehen, nur haben die letztgenannten keine Gewerkschaften. Die Kassierer arbeiten in einem der profitabelsten Bereiche, in Supermärkten. Die immensen Gewinne des Einzelhandels schlagen sich zu wenig in den Gehältern der Angestellten nieder. Aber welchen Sinn macht es, unsere Armut miteinander zu vergleichen?“

republica.ro (RO) /

Ehrliche Steuerzahler können nicht noch mehr stemmen

Welche Rolle die Korruption spielt, erläutert der Chef des Arbeitgeberverbandes Concordia, Radu Burnete, auf republica.ro:

„Wäre das Geld vorhanden, hätte man die Löhne längst erhöht. ... Unserer politischen Klasse fällt es angesichts von Korruption und Verschwendung schwer, einen solchen Sozialpakt zu managen. Hinzu kommt, dass ganze Bereiche der Wirtschaft, die im Graubereich oder ganz schwarz arbeiten, ungerechtfertigte Nachlässe und Geschenke bekommen, nur weil sie mit der Politik verbandelt sind. ... Das Gerede von Mehrkosten trifft also diejenigen, die ehrlich mit dem Staat sind, sich aber im unfairen Wettbewerb mit jenen befinden, die ungestraft betrügen oder ihre Beziehungen ausspielen. Wie können sie zusätzliche Steuern akzeptieren?“