ESC: Österreich siegt vor Israel

Den diesjährigen Eurovision Song Contest in Basel hat der österreichische Sänger JJ mit dem Song Wasted Love gewonnen. Heftige Diskussionen und auch Störaktionen während des Wettbewerbs gab es erneut wegen der Teilnahme Israels. Das Land wurde von Yuval Raphael vertreten, einer Überlebenden des Terrorangriffs der Hamas am 7. Oktober 2023. Sie kam dank enormen Zuspruchs in der Publikumswertung auf den zweiten Platz.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Wo Europa gemeinsam Herz zeigt

Die Süddeutsche Zeitung hebt die ideelle Bedeutung des ESC für Europa hervor:

„[D]em ESC gelingt Jahr für Jahr, woran die Politik regelmäßig scheitert: Europa sowie viele andere Länder emotional zusammenzubringen. ... Etwa 200 Millionen Menschen sollen sich diesen Gesangswettbewerb jedes Jahr anschauen. Das ist eine immense Reichweite. Vor allem, weil der ESC in mehrfacher Hinsicht gar kein Mainstream ist. Selbstverständlich, willkommen geheißen und bejubelt werden alle queeren und anderen Identitäten sowie fast alle Richtungen der Popmusik. ... [D]er ESC ist in dieser Zeit, in welcher der Kontinent sich neu erfinden muss, wichtiger denn je, eben weil ihm gelingt, woran die Politik so oft scheitert: Europa ein Herz zu schenken.“

Der Standard (AT) /

Verdienter erster Platz

Der Standard lobt den österreichischen ESC-Auftritt mit dem Siegerlied Wasted Love:

„Der dramatische Aufbau des Songs, bei dem der in der Wiener Staatsoper geschulte JJ seine Stimme bis zum hohen Cis auftürmt, steigert sich gegen Ende hin in ein Technogewitter hinein. Das Lied vereint Können mit Überraschungsmoment und einer Emotionsskala, die von brüchig Hingehauchtem bis zur ekstatischen Entladung führt. Ja, so macht man einen guten Song. Die gewagte, aber letztlich goldrichtig von einem Profi erdachte Show in Schwarz-Weiß tat ihr Übriges. Sie hob sich entscheidend von der Konkurrenz ab.“

De Standaard (BE) /

Im Widerspruch zu integrativen Werten

De Standaard geht mit der Teilnahme Israels am ESC hart ins Gericht:

„Das Festival ist zu einer Quelle der Polarisierung geworden. Dies steht im Widerspruch zu den integrativen und universellen Werten, die die Organisatoren vorgeben zu verfolgen. ... Der Grundsatz der Neutralität ist immer weniger glaubwürdig. ... Vor allem aber ist die Beteiligung Israels aus moralischer Sicht nicht zu rechtfertigen. Damit wird suggeriert, Israel sei ein normales Land. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist ein Land, das sich über die Regeln des internationalen Rechts hinwegsetzt.“

Echo24 (CZ) /

Mehr Freunde als gedacht

Echo24 freut sich angesichts der Kritik an Israels ESC-Teilnahme über den zweiten Platz der Sängerin Yuval Raphael:

„Israel-Gegner und schlichte Antisemiten rufen traditionell zum Boykott, zum Ausschluss des Landes vom Wettbewerb oder zu anderweitigen Protesten auf. ... In den letzten zwei Jahren haben sich diese Dinge im Zusammenhang mit dem Krieg im Gazastreifen sogar noch verstärkt. ... Die Reaktion des Live-Publikums auf den Auftritt von Yuval Raphael war peinlich, einige buhten sie aus. Es wurde erwartet, dass sich dieser Druck in der Abstimmung widerspiegeln würde. ... Doch bei der Publikumswertung erreichte sie 297 Punkte und schoss [in dieser Kategorie] auf den ersten Platz. ... Das ist ein Beweis dafür, dass Israel in Europa nicht so allein ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mag.“