Großbritannien will Einwanderungsregeln verschärfen
Der britische Premier Keir Starmer hat eine Wende in der Migrationspolitik angekündigt. Er wolle das "armselige Kapitel" der zunehmenden Einwanderung abschließen, erklärte er. Die Anforderungen zum Erhalt von Arbeitsvisa und Staatsangehörigkeit sollen durch schärfere Regeln erschwert werden. Kommentatoren werfen angesichts des Kurswechsels grundsätzliche Fragen auf.
Wie man sein Land unattraktiv macht
Der in London lebende Finanzberater Andrej Mowtschan kritisiert auf Facebook das Vorhaben nach Strich und Faden:
„Viele für die britische Wirtschaft wichtige potenzielle Einwanderer, die bisher fünf Jahre zur Erlangung einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung brauchten, werden sich nun für Länder entscheiden, in denen das Verfahren entweder genauso schwierig oder schneller und einfacher ist, wo aber der Arbeitsmarkt besser und die Hürden, Preise und Steuern niedriger sind. ... Generell ist das (von den Tories geerbte) Hauptmerkmal unserer gegenwärtigen Regierung eine unmenschliche Konsequenz, mit der sie sich beeilt, falsche Fragen mit falschen Methoden zu lösen und dabei die Reste des Guten zu zerstören, das ihre Vorgänger noch nicht kaputt gemacht haben.“
Zu den eigenen Prinzipien stehen
Der ehemalige Verbraucherschutz-Minister Alberto Garzón warnt die Linke in eldiario.es auch aus strategischen Gründen vor einem weiteren Rechtsruck:
„Präzedenzfälle gibt es genug. In Deutschland, wo die SPD und die Grünen ihre Haltung zur Migration verschärften, um den Aufstieg der AfD zu bremsen, half das nur der Rechtsextremen. ... Der kulturelle Hintergrund ist bekannt. ... Ein Teil der Gesellschaft hat Zukunftsangst. ... Was kann die Linke tun? ... Diese Reformen fallen mit rentenfeindlichen Reformen und anderen Kürzungen der Starmer-Regierung zusammen. Man kann sie nicht mehr als progressiv bezeichnen. ... Die Linke wird das Ungeheuer nicht besiegen, indem sie es nachahmt. Sie hat nur dann eine Chance, wenn sie ihren Prinzipien treu bleibt und sich gegen die Mächtigen stellt, nicht gegen die Armen.“
Vielleicht nur ein Reflex?
Die Kehrtwende der Labour-Partei spiegelt eine grundlegende Frage wider, mit der auch die Sozialdemokraten in Schweden zu kämpfen haben, meint Göteborgs-Posten:
„Wie glaubwürdig ist eine Kehrtwende in der Migrationspolitik? In Schweden haben die Sozialdemokraten vor allem seit der Wahl 2022 ihren Ton und ihre Politik in der Migrationsfrage verschärft. Nachdem sie sich jahrelang als Partei der Vielfalt und Offenheit präsentiert haben, hat die Partei nun Vorschläge für strengere Asylregeln und eine geringere Zuwanderung vorgelegt. ... Aber können die Wähler darauf vertrauen, dass dies ein echter Kurswechsel ist? Oder ist es eine Reaktion auf den wachsenden Einfluss der Schwedendemokraten und die Schwankungen in der öffentlichen Meinung?“
Bedürfnis nach Gemeinsamkeit nicht unterschätzen
Kolumnist Patrick West spekuliert in The Spectator über die Wünsche älterer Menschen, die von den Kritikern von Starmers Einwanderungspolitik nicht beachtet würden:
„Ja, wir benötigen Männer und Frauen, die in Pflegeheimen arbeiten. Aber die älteren Menschen in diesen Einrichtungen würden wahrscheinlich lieber von Menschen betreut werden, die ihnen ähnlich sind, die verstehen, wovon sie reden, und ihr Englisch mit all seinen Idiomen und Archaismen begreifen – und die die kulturellen und historischen Bezüge ihrer Äußerungen nachvollziehen können. Dieses zeitlose und universelle Bedürfnis des Menschen nach Gemeinsamkeit und die wesentliche Rolle, die eine gemeinsame Kultur und Sprache dabei spielen, lassen sich nicht messen oder zählen. ... Sowohl Rechte als auch Linke übersehen, dass die Anliegen der Menschen oft nicht sichtbar und immateriell sind.“