Zollstreit zwischen USA und EU
Am Freitag drohte Donald Trump noch damit, die USA werde auf EU-Waren ab dem 1. Juni 50 Prozent Zölle erheben. Seine Begründung: Die Verhandlungen zu neuen Zollregelungen kämen nicht von der Stelle. Doch bei einem Telefonat mit Ursula von der Leyen stimmte Trump am Sonntag einem Aufschub bis zum 9. Juli zu. Die EU-Kommissionspräsidentin versprach, in dieser Zeit die Gespräche "zügig und entschlossen" voranzutreiben. Die Medien analysieren die Lage.
Ein Kompromiss ist absehbar
Naftemporiki glaubt nicht, dass der Streit ausartet:
„Donald Trump hat also seine Waffe wieder in die Hand genommen und sie auf Europa gerichtet. Einige Wochen lang herrschte scheinbar Ruhe auf der Weltbühne, während sich der US-Präsident mit geopolitischen Problemen befasste, so dass sich die Märkte kräftig erholen konnten, weil sie glaubten, dass eine Art Normalität zurückgekehrt sei. Es ist jedoch klar, dass Trump glaubt, dass er seine Aufgabe, das Gleichgewicht des Welthandels zu verändern, noch nicht erfüllt hat. ... Aber jetzt haben Analysten, Makler und Anleger gelernt. Sie wissen, dass letztendlich ein Kompromiss erzielt werden wird. Und: Wie der Börsenguru Ed Yardeni anmerkt, 'die Dinge sind vielleicht nicht so schlimm, wie man denkt'.“
Sich auf das Schlimmste einstellen
Die Lage ist für die EU ernst, meint hingegen die Washington-Korrespondentin des Handelsblatts, Annett Meiritz:
„Je eher die Europäer beginnen, bei Trump stets vom 'Worst Case' auszugehen, desto eher können sie eigene Strategien entwickeln. ... Für die Europäer bedeutet das: Sie müssen zwar weiterhin versuchen, Trump konkrete Deals abzuringen und ihm zeigen, dass diese von Nutzen sind. Zugleich dürfen sie aber nie davon ausgehen, dass diese Mühen etwas am Zustand der Dauer-Disruption ändern werden. Im Zweifelsfall servieren die Amerikaner ihren europäischen 'Partnern' eisgekühltes Kalkül, auch wenn es stellenweise in warme Worte verpackt wird. Wer diesen Ernst der Lage noch immer nicht verstanden hat, dem ist nicht mehr zu helfen.“
Brüssel kommt da nicht mehr mit
Die Trump-Administration legt einen handelspolitischen Aktionismus an den Tag, bei dem die EU nicht mithalten kann, so Jutarnji list:
„Donald Trump nimmt sich wie der große MAGA-Jäger in einer Safari der Großmachtinteressen aus, ein Jäger der erkennt, zielt und trifft. ... Während Brüssel sich im Prinzip um die eigene Achse dreht und ein Bild der Orientierungslosigkeit abgibt, warten die Trumpisten mit strategischen Dekreten, Verhandlungen, Einigungen, Änderungen, Plänen usw. wie am Fließband auf. Wie soll unsere 'Anführerin' [EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen] überhaupt mit all diesen Initiativen Trumps Schritt halten?“
Unberechenbarkeit aus Kalkül?
Trumps Methode ist für Verhandlungspartner unangenehm, aber nicht wirklich neu, meint Polityka:
„Manche meinen, dass Trump die 'Madman-Strategie' anwendet. So bezeichnete sie Präsident Richard Nixon, der seinen Mitarbeitern erklärte, dass er die andere Seite zu mehr Entgegenkommen bewegen würde, wenn er sich unberechenbar verhielte und damit suggerierte, dass er bereit sei, sich auf die verrückteste Weise zu verhalten. Diese Strategie wurde von Trump bereits in seiner ersten Amtszeit mit mäßigem Erfolg erprobt.“
Gerissener Geduldsfaden
La Stampa sieht im schleppenden Tempo Europas das Motiv für die amerikanische Zolldrohung:
„Es ist ein Cocktail aus Frustration und Verärgerung, der Donald Trump dazu veranlasst hat, der EU ab dem 1. Juni mit Zöllen in Höhe von 50 Prozent zu drohen. Ein Vorstoß, der darauf zurückzuführen ist, dass sich Brüssel in den Augen der Amerikaner bei den Verhandlungen zu langsam bewegt. ... Vor allem kam von europäischer Seite keine Antwort auf die Forderung nach Erhebung von Zöllen auf chinesische Waren auf dem Alten Kontinent. Zu viel Zögern für den Chef des Weißen Hauses, der wie üblich den Weg der Einschüchterung wählte.“