Stichwahl in Polen: Was steht auf dem Spiel?

Am Sonntag können sich die Polen zwischen dem liberalen Rafał Trzaskowski und dem rechtskonservativen Karol Nawrocki als Präsidenten entscheiden. Im ersten Wahlgang lagen die beiden Kandidaten mit rund 31 und 30 Prozent fast gleichauf an der Spitze. Überraschend erfolgreich waren mehrere Politiker vom rechten Rand, auf deren Stimmen es nun ankommt. Kommentatoren sehen eine Bedeutung weit über Polen hinaus.

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Radio Kommersant FM (RU) /

Für Brüssel und Kyjiw sind die Einsätze hoch

Radio Kommersant FM betont, dass die EU und die Ukraine große Hoffnungen auf die Person des Warschauer Bürgermeisters Rafał Trzaskowski setzen:

„Die Einsätze in der zweiten Runde der polnischen Wahlen sind sowohl für Brüssel als auch für Kyjiw so hoch wie nie. Ihnen bleibt nur übrig, auf eine Wiederholung des 'rumänischen Wunders' zu hoffen – den Sieg des Systempolitikers mit seinem Bekenntnis zu den Prinzipien und Werten der Europäischen Union. Wie im rumänischen Fall spielt auch im polnischen der hauptstädtische Bürgermeister diese Rolle. Am 1. Juni werden alle Hoffnungen von Brüssel und Kyjiw mit Warschaus Stadtoberhaupt Rafał Trzaskowski verknüpft sein.“

Contributors (RO) /

Eine neue Art der Solidarität

Ein Sieg des Warschauer Bürgermeisters Rafał Trzaskowski könnte eine Re-Demokratisierung in Osteuropa einläuten, meint Contributors:

„Der rumänische Präzedenzfall könnte sich am 1. Juni wiederholen, wenn in Polen der pro-europäische Kandidat Rafal Trzaskowski die zweite Runde der Präsidentschaftswahl gewinnt. ... Ein solcher Doppelsieg in Rumänien und in Polen könnte eine neue Phase in der Entwicklung Osteuropas einläuten. ... Das wirklich Bemerkenswerte am Potenzial dieser neuen Welle der Re-Demokratisierung ist, dass sie nicht nur durch Gesellschaften entsteht, die voneinander lernen. Die Wahlen in dieser Zeit in Mittel- und Osteuropa stehen für eine neue Art der Solidarität: einen Prozess der transnationalen Unterstützung zwischen politischen Anführern mit liberalen Visionen und liberalen Ausrichtungen.“

Ewropeiska Prawda (UA) /

Stimmungsmache gegen Ukrainer

Ewropeiska Prawda nimmt eine zunehmende anti-ukrainische Rhetorik im polnischen Präsidentschaftswahlkampf wahr:

„Sich lautstark für die Ukrainer zu engagieren, bedeutet im heutigen Polen, die eigene politische Zukunft aufs Spiel zu setzen. 56 Prozent der Polen wünschen sich, dass die Ukrainer nach dem Krieg in ihre Heimat zurückkehren. Zwar wird mit dem Wort 'Ukrainer' häufig Fleiß assoziiert, aber auch Undankbarkeit und zu hohe Ansprüche. Stimmungsmache gegen die Ukrainer ist zu einer neuen politischen Mode geworden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Wahlkampf von eigenen Interessen geleitet ist und der Ton danach wieder gemäßigter wird, spüren die Ukrainer in Polen bereits jetzt eine Verschlechterung der Haltung ihnen gegenüber.“