Ukraine: Ermittlungen gegen Korruptionsbekämpfer

Die Ermittlungsbehörde der Ukraine hat ein Verfahren gegen Witalij Schabunin eingeleitet. Er ist Leiter des 'Zentrums zur Bekämpfung der Korruption' und einer der bekanntesten zivilgesellschaftlichen Aktivisten des Landes, gleichzeitig dient er freiwillig in der Armee. Nun wird ihm vorgeworfen, sich dem Militärdienst entzogen und ein für die Armee bereitgestelltes Auto privat genutzt zu haben. Die Medien reagieren alarmiert.

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Ukrajinska Prawda (UA) /

Nicht wie Russland werden

Ukrainska Pravda hält das Vorgehen der Ermittlungsbehörden für zersetzend:

„Die Ukraine hat bereits ähnliche Erfahrungen gemacht. Das war in den Jahren 2010 bis 2014, als die ganze Welt darüber zu sprechen begann, dass es in der Ukraine politische Verfolgung und politische Gefangene gibt. Es war eine dunkle Zeit in der Geschichte des Landes. … Die Ukraine muss auch im Krieg eine Demokratie bleiben. Andernfalls verlieren wir nicht nur Territorien, sondern auch unsere Identität und das Hauptziel unseres gemeinsamen Kampfes in all diesen Jahren - ein europäisches Land zu sein und nicht ein Schatten von Russland oder Belarus.“

Egor Firsov (UA) /

Menetekel wachsender Unfreiheit

Der Soldat und Ex-Parlamentsabgeordnete Jehor Firsow zeigt sich auf Facebook beunruhigt über das gesellschaftliche Klima:

„Zum ersten Mal seit dem Maidan und dem Beginn des Krieges spüre ich, dass die Menschen Angst haben, sich öffentlich zu äußern, Beiträge zu liken oder zu reposten. Das ist ein erstes Symptom von Autoritarismus und eine alarmierende Tendenz in der Gesellschaft ... Es liegt in der Natur der Macht, dass sie denen, die sie haben, nie genügt. Die Zivilgesellschaft ist der Schutzmechanismus, der verhindert, dass Politiker in die Autokratie abgleiten.“

Censor.net (UA) /

Alltäglichkeiten zu Verstößen aufgeblasen

Solche Vorwürfe könnte man beinahe jedem Soldaten machen, schreibt Blogger und Offizier Jurij Kasjanow in einem von Censor.net übernommenen Facebook-Post:

„Jeder Soldat - besonders einer im Kampfeinsatz - 'entzieht sich systematisch dem Dienst', wenn er inoffiziell den Stationierungsort oder das Kampfgebiet verlässt: Um etwas zu erledigen, sich zu waschen, sich auszuruhen oder Zeit mit der Familie zu verbringen. Er 'nutzt systematisch das Dienstfahrzeug für private Zwecke' - denn wie sonst soll man eine Fahrt werten, um Hotdogs und Zigaretten zu holen? Er 'erhält systematisch unrechtmäßig finanzielle Vergütung', weil das System der Einsatzprämien so undurchsichtig ist, dass sich leicht 'kriminelle' Unstimmigkeiten finden lassen.“