Iran: Macht Israel die "Drecksarbeit" für den Westen?
Israel mache für den ganzen Westen im Iran "die Drecksarbeit", sagte Bundeskanzler Friedrich Merz in einem ZDF-Interview während des G7-Gipfels in Kanada und zollte der israelischen Führung und Armee Respekt für ihren "Mut", gegen den als Terrorsponsor aktiven Iran militärisch vorzugehen. Die harsche Formulierung provoziert in den Medien eine entsprechend scharfe Diskussion.
Klartext statt Worthülsen
Merz hat Recht, findet der Tagesspiegel:
„Natürlich ist jeder Zivilist, der in einem Krieg verletzt wird oder zu Tode kommt, einer zu viel. Richtig ist auch, dass das bloße Wegbomben autokratischer und diktatorischer Herrscher selten zu neuer Stabilität führt. Und dennoch: Israel geht mit voller Härte gegen ein Regime vor, das von Europa, auch den USA und anderen demokratischen Staaten viel zu lange nicht ernsthaft infrage gestellt wurde. ... Nur gut, dass die Bundesregierung erkennt: Worthülsen der Vergangenheit helfen nicht. Denn was bleibt, ist – bei aller Sorge und bei allem Risiko – eine historische Chance. Da sollte besser niemand Israel reflexhaft kritisieren, dass es für diese Chance das macht, was Friedrich Merz als 'Drecksarbeit' bezeichnet.“
Deutschlands Doppelmoral offengelegt
Zeit Online findet die Worte von Merz moralisch und stilistisch deplatziert:
„[L]aut Statistischem Bundesamt wurden allein zum Jahresbeginn 2024 Waren im Wert von 241 Millionen Euro von Deutschland in den Iran exportiert. Und Waren im Wert von 41,2 Millionen Euro von dort importiert. Währenddessen war vom Mord an Jina Mahsa Amini und der sich anschließenden Frau-Leben-Freiheit-Bewegung, auf die Deutschland diplomatisch von Beginn an eher defensiv reagierte, nur noch wenig zu hören. Deswegen ist die Wut über einen Ausdruck wie 'Drecksarbeit' gerechtfertigt: weil er eine Doppelmoral offenlegt. Man traut sich nicht, ein Regime hart zu sanktionieren, aber freut sich mit völlig unpassenden Ausdrücken, wenn ein anderer es militärisch angreift?“
Entwaffnung gefährlicher Terroristen
Der in Israel lebende Physiker Samuel Goldstein vertritt in Berlingske die Position, die Welt sei Israel zu Dank verpflichtet:
„Es lässt sich unmöglich vorhersagen, wer die richtungsweisende Supermacht des 21. Jahrhunderts sein wird. Wer garantiert, dass Radikale keinen Zugang zu wirklich gefährlichen Waffen erhalten? Europa hat seit der Jahrtausendwende ein ungewöhnlich hohes Maß an Terror erlebt. Ein Großteil dieses Terrors wird von fanatischen Islamisten verübt, die sich auch gegenseitig verfolgen. Zu dieser Art gehören [Syriens heutiger Interimspräsident] al-Dschaulani und das klerikale Regime in Teheran. Aus diesem Grund sollten wir Israel dafür danken, dass es seinen Teil zur Entwaffnung Syriens und des Irans beiträgt. Es liegt im Interesse der ganzen Welt.“