Oberhauswahlen in Japan: Rechtsruck mit Kreml-Hilfe?

Die Regierungskoalition des japanischen Ministerpräsidenten Shigeru Ishiba hat bei den Oberhauswahlen die Mehrheit verloren. Seine Liberaldemokratische Partei regiert seit 70 Jahren fast ununterbrochen. Nun ist sie erstmals in beiden Kammern in der Minderheit. Zulauf verzeichneten hingegen zwei rechtspopulistische Parteien. Besondere Aufmerksamkeit widmet die Presse der Partei Sanseito, die nun 14 statt zuvor zwei Sitze innehat.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Im globalen Trend

Dass in Japan eine rechtspopulistische Partei Erfolge feiert, passt für die Frankfurter Allgemeine Zeitung ins allgemeine Bild:

„In vielen alten Industrieländern sind politische Bewegungen auf dem Vormarsch, die sich gegen die Globalisierung wenden und das Hauptmerkmal der Politik auf den eigenen Bürger legen wollen. Die Sanseito nimmt sich ausdrücklich Trump, die AfD oder Reform UK zum Vorbild, was zeigt, dass es hier nicht um einen lokalen 'Protest' in einer ohnehin konservativen Gesellschaft geht. Es gibt einen globalen Trend hin zu nationaler, oft sogar nationalistischer Politik.“

Ilta-Sanomat (FI) /

Anzeichen für Zersetzung durch Moskau

Ilta-Sanomat sieht Japans Stabilität auf dem Spiel stehen:

„In Japan wird vermutet, dass der Erfolg der Sanseito-Partei zumindest teilweise auf russische Staatspropaganda zurückzuführen ist. Experten haben davor gewarnt, dass die Regierung von Wladimir Putin nun in der Lage ist, Künstliche Intelligenz einzusetzen, um ihre Propagandabotschaften effektiver zu gestalten, auch auf Japanisch. ... Eines der Ziele Russlands, so die Vermutung, ist die Zersetzung der politischen Elite und der Gesellschaft Japans, um die Annäherung des Landes an die Nato und seine Unterstützung für die Ukraine zu beenden. ... Finnland hat gehofft, dass Japan ein ausgleichender Faktor in den gegenwärtigen weltpolitischen Umbrüchen werden würde. Der Aufstieg der Sanseito-Partei kündigt auch in Japan Turbulenzen an.“

Iswestija (RU) /

Nicht wirklich prorussisch – nur anders

Die Rechtspartei Sanseito ist keine reale prorussische Kraft, erklärt Japan-Experte Wladimir Nelidow in der kremlnahen Iswestija:

„Vorsichtige Äußerungen von Sanseito, dass zu den Ursachen des Ukraine-Konflikts unter anderem die Nato-Erweiterung und das Problem der Rechte der russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine gehörten, reichten aus, um sie der 'Verbindungen zu Moskau' zu bezichtigen. ... Man sollte sich keine großen Hoffnungen auf eine Machtübernahme durch neue politische Kräfte wie Senseito machen. Erstens ist ihre soziale Basis ziemlich begrenzt. ... Zweitens ist für Sanseito die Haltung gegenüber Russland keine Schlüsselfrage, sondern eher einer der Punkte, mit denen sie versuchen, den gefestigten Konsens in der japanischen Politik zu kritisieren. Japan ist ein Land der Kontinuität und Tradition.“