Findet Europa eine Antwort auf Migration?

Auf der Zugspitze haben sich die Innenminister von sechs EU-Mitgliedsstaaten am Freitag auf einen Kurs zur Verschärfung der europäischen Asyl- und Migrationspolitik geeinigt. Maßnahmen sollen unter anderem mehr Abschiebungen und Asylverfahren in Drittstaaten sein. Aus diesem Anlass und vor dem Hintergrund der jüngsten rechtsextremen Ausschreitungen in Spanien diskutieren Kommentatoren, ob Europa auf dem richtigen Weg in der Migrationspolitik ist.

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Frankfurter Rundschau (DE) /

Beschlüsse sind weltfremd

Die Frankfurter Rundschau kann nach dem "Gipfeltreffen" keine großen Fortschritte erkennen:

„Manche Beschlüsse können sinnvoll sein, etwa das Vermeiden doppelter Verfahren in der EU. Andere Vorhaben sind allerdings weltfremd. So ist erneut davon die Rede, dass Menschen in Ländern außerhalb der EU bleiben sollen, solange ihre Asylverfahren in EU-Staaten laufen. Solche Drittstaaten-Modelle sind jedoch menschenrechtlich bedenklich und außerordentlich teuer. Sie sind zum Scheitern verurteilt. Dobrindt wiederholte auch die Behauptung, Schleuser würden durch strengere Regeln bekämpft. Dabei ist völlig klar, dass das Gegenteil eintreten wird. Wenn Grenzen für Menschen dicht gemacht werden, die dort Asyl beantragen wollen, dann ist klar, dass sie nur mit Hilfe von Schleusern ihr Ziel erreichen können.“

Novinky.cz (CZ) /

Die Farce geht weiter

Europa ist noch weit von Lösungen in der Migrationsfrage entfernt, klagt Novinky.cz:

„Am Tag des Ministertreffens hat Deutschland 81 verurteilte afghanische Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. Von 11.000, die laut Entscheidung der Ämter in Deutschland längst nichts mehr zu suchen haben. Aufschlussreich wie notwendig ist auch ein Blick auf die Statistiken von Eurostat. Demnach beantragten allein im Jahr 2024 täglich zweieinhalbtausend Menschen in europäischen Ländern Asyl. Jeden Tag. Was lässt sich also über den Ausflug der Innenminister auf die Zugspitze sagen? Dass er nur ein weiterer Teil der Fortsetzung der Farce war, bei der sie vorgeben, etwas zu tun.“

El Mundo (ES) /

Keine Scheuklappen

El Mundo warnt vor Polarisierung und Tabuisierung in der Migrationsdebatte:

„Es versteht sich von selbst, dass Äußerungen, die einen Teil der Bevölkerung stigmatisieren, auf das Schärfste zu verurteilen sind. Sie sind untragbar. Aber gleichzeitig ist es höchst unverantwortlich, mögliche Probleme der Integration und des Zusammenlebens zu leugnen und jeden, der versucht, die Debatte zu eröffnen, als Rassisten zu beschuldigen. Die Steuerung der Migrationsströme auf der Suche nach einer legalen und geordneten Einwanderung erfordert Realismus und politischen Willen. Andernfalls wird der Populismus auf dem Vormarsch sein.“

El Periódico de Catalunya (ES) /

Immer dieselben Fehler

Warum lernt die Politik in Europa nicht aus ihren Fehlern und federt die Folgen von Einwanderung besser ab, fragt sich El Periódico de Catalunya:

„In allen europäischen Gesellschaften passiert mehr oder weniger das Gleiche. ... Einwanderer bringen die Gewohnheiten des Ankunftsortes durcheinander, wenn ihre Ankunft nicht vorbereitet wurde. Da dies nie geschieht, kommt es zu Konflikten, die in der Regel schlecht bewältigt werden. ... Die Gemeinde Torre Pacheco hat 41.684 Einwohner, von denen 11.927 Nicht-EU-Ausländer sind. Solche soziologischen Veränderungen müssen intelligent gesteuert werden. Andernfalls wird der Boden für Missverständnisse, Ablehnung und Hass fruchtbar.“

Krytyka Polityczna (PL) /

Die Linke im Migrations-Dilemma

Wie eine linke Migrationspolitik aussehen könnte, überlegt Krytyka Polityczna:

„Sollte es für die Linke vorrangig sein, für universelle Rechte zu kämpfen, auch wenn diese mit den von Minderheiten vertretenen Werten in Konflikt stehen? Oder soll die Linke vor allem diese Minderheiten gegen Stigmatisierung, Rassismus und Ausbeutung verteidigen? Die europäische Linke beantwortet diese Frage unterschiedlich, und auch die polnische Linke wird ihre eigene Position entwickeln müssen. ... Lässt sich zwischen dem dänischen Modell [Migration eindämmen, aber Integration stärken] einerseits und der ‚demokratischen und sozialen Migrationsgesellschaft‘ des Programms der [deutschen] Partei 'Die Linke' andererseits eine goldene Mitte linker Migrationspolitik finden? Leider gibt es kein universelles linkes Rezept für die Probleme der Migration. In jedem Land muss man, je nach den örtlichen Gegebenheiten, eigene Antworten finden.“