Gaza: Wie soll Europa mit Israel umgehen?
Zwischen Israel und Europa wird der Ton rauer: Erstmals hat mit Teresa Ribera ein Mitglied der EU-Kommission Israels Vorgehen als "Genozid in Gaza" bezeichnet – ein Bruch mit bisherigen Sprachregelungen. In einer Rede in Paris sagte die Spanierin, das Geschehen zeige aber auch "Europas Versagen", in dieser Sache gemeinsam zu handeln. So erließ die belgische Regierung diese Woche im Alleingang Sanktionen gegen das Land.
Tel Aviv misst mit zweierlei Maß
Tygodnik Powszechny wirft der Regierung Netanjahu Doppelzüngigkeit vor:
„Jede israelische Revanche in der jüngeren Geschichte endete blutig, aber die aktuellen Militärhandlungen in Gaza und ihre unschuldigen Opfer sind von beispiellosem Ausmaß. Israel präsentiert sich gerne als 'einzige Demokratie im Nahen Osten' und 'Partner des Westens'. Aber wenn Forderungen nach dem Schutz von Zivilisten laut werden, ändert sich das Narrativ plötzlich: Ihr Europäer habt naive pazifistische Überzeugungen, die in dieser wilden und brutalen Region nicht umsetzbar sind.“
Geschichte des Volkes gibt keinen Freibrief
Geschichtsbewusstsein darf kein Hindernis sein, sich deutlich gegen Israels Politik zu positionieren, findet Público:
„Mitgefühl, Verständnis und Verantwortungsbewusstsein der Europäer gegenüber den Juden im Kontext der Vernichtung während des Zweiten Weltkriegs sind durchaus gerechtfertigt, und die jüdische Sache muss verteidigt werden, indem Antisemitismus, Hassreden und alle anderen Formen der Diskriminierung bekämpft werden. Aber Erinnerung und historisches Gewicht dürfen politisches Handeln nicht einschränken, vor allem wenn zu viele qualifizierte Stimmen das Wort Völkermord verwenden, um die Ereignisse in Gaza zu charakterisieren. ... Der gefährliche Weg, den Netanjahu beschreitet, schränkt den Spielraum für rhetorische Feinheiten derer ein, die Fingerspitzengefühl beweisen wollen: Gaza ist ein kollektiver Imperativ.“
Merz sollte der EU einen Dienst erweisen
Die SZ sieht angesichts der deutschen Blockadehaltung bei Israelsanktionen den Bundeskanzler in Zugzwang:
„Kanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt für sich in Anspruch, in der EU eine Führungsrolle zu spielen. Will er diesem Anspruch gerecht werden, müsste er nun die deutsche Blockade beenden und den Weg für gemeinsame europäische Sanktionen gegen Israel frei machen. Vergleichsweise milde Vorschläge dafür liegen längst auf dem Tisch. Frieden in Nahost wird Merz damit nicht stiften. Aber die Risse innerhalb Europas zu kitten, das wäre schon verdienstvoll genug.“