Problemviertel als Terror-Brutstätten?

Nach den Anschlägen von Paris und Brüssel nehmen Kommentatoren sogenannte Problemviertel unter die Lupe, in denen überwiegend sozial schwache Menschen mit einer Einwandererbiografie leben. Was läuft schief in Vierteln wie Molenbeek, wo Terroristen ihre Attentate planten, ohne dass die Sicherheitsbehörden etwas davon mitbekamen?

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Público (PT) /

Ghettobildung in Europas Städten verhindern

Um wirksam gegen Terror vorzugehen, muss man der Ghettoisierung in europäischen Großstädten begegnen, fordert der Politologe José Pedro Teixeira Fernandes in der liberalen Tageszeitung Público:

„Die EU-Verantwortlichen leben und verkehren in einer multikulturellen und kosmopolitischen Welt, die weit weg von der Realität der normalen Bürger ist. … Wenn sie ihre EU-Gipfel in Vierteln wie Molenbeek oder Forest abhalten würden, hätten sie vielleicht längst realisiert, welch explosive Gesellschaft dort gerade entsteht. … Doch das ist bei weitem nicht nur ein Problem Belgiens. Den Ghettos am Stadtrand von Brüssel kann man die von Paris, Marseille, London, Birmingham, Amsterdam, Rotterdam, Köln, Berlin, Malmö und anderen Großstädten hinzufügen. Die Liste ist lang und nimmt zu. Es erstaunt deshalb nicht, dass der IS und andere radikal-islamische Gruppen weiterhin innerhalb dieser europäischen Gesellschaften heranwachsen werden. Der Terrorismus ist ihre politische Waffe. Das Ghetto ihr Habitat.“

Le Soir (BE) /

Wie werden Stadtviertel zu Terrornestern?

Frankreichs Minister für Stadtentwicklung, Patrick Kanner, hat erklärt, dass es in Frankreich hunderte Viertel gibt, die dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek ähneln. Wie solche Orte zu Terroristennestern werden, muss dringend analysiert werden, fordert die liberale Tageszeitung Le Soir:

„In Molenbeek ist einiges schiefgelaufen, was zur Isolation der Gemeinde geführt hat. Ist dies hauptsächlich auf eine mangelnde soziale Durchmischung beziehungsweise auf eine zu große Konzentration von Ethnien und Religionen zurückzuführen, welche von den Abgeordneten gefördert oder zumindest naiv mitgetragen wurde? Wurde zu sehr an den Wohnungsbau und nicht genug an die Menschen gedacht? Das Beantworten dieser Fragen und der Austausch von Informationen wird uns nicht nur voranbringen, sondern auch den Bewohnern dieser Gemeinden helfen, die sowohl unter der realen Situation als auch unter dem Etikett leiden, das ihrem Wohnort pauschal angeheftet wird.“

Expressen (SE) /

Probleme mit Muslimen nicht tabuisieren

Wer in Schweden auf Probleme in überwiegend von Muslimen bewohnten Vierteln hinweist, wird verunglimpft, kritisiert die liberale Tageszeitung Expressen:

„Hier werden linke Politikerinnen wie Zeliha Dagli und Amineh Kakabaveh der Spaltung bezichtigt, weil sie über Sittenwächter in schwedischen Vororten berichten. Der Liberale Per Pettersson wird aus den gleichen Gründen kritisiert, weil er beschreibt, wie er als Homosexueller gemobbt wird und aus [dem Stockholmer Stadtteil] Husby fortziehen will. Ähnliches gilt für die Terrorexperten Magnus Ranstorp und Magnus Sandelin, die lange vor dem Entstehen dschihadistischer Gruppen gewarnt haben und denen kürzlich vorgeworfen wurde, auf den Islam und auf Muslime mit dem Finger zu zeigen. In immer weiteren Kreisen scheint das größte Problem also nicht der Dschihadismus und religiöse Intoleranz zu sein, sondern diejenigen, die es wagen, darauf hinzuweisen.“