Rom will Banken mit Staatsgeldern retten

Italiens Premier Renzi hat offenbar ein Schlupfloch gefunden, um marode Banken mit Steuergeldern zu sanieren. "Ich habe vollstes Vertrauen, dass die italienische Regierung einen Weg finden wird, das Problem im Rahmen der EU-Regeln zu lösen", sagte Eurogruppen-Chef Dijsselbloem am Dienstag. Ist die Bankenrettung mit Staatshilfen der richtige Weg?

Alle Zitate öffnen/schließen
Avvenire (IT) /

Banken demokratisieren

Es bedarf nicht nur einer monetären, sondern auch einer ethischen Rettung der Banken, fordert die katholische Tageszeitung Avvenire:

„Wir können unser Bankensystem, das nationale wie auch das globale, nur sanieren, wenn wir in unseren Banken wieder mehr Finanzdemokratie einführen, eine Demokratie, die von den Herren der Finanzwelt als störend, kostspielig und ineffizient empfunden wird. … Die ordentliche Verwaltung der Banken kann und darf aber nicht länger nur Sache der Teilhaber, der 'Patrons' sein. Im Verwaltungsrat müssen Mitglieder sitzen, und zwar in beachtlicher Anzahl, die von den Bürgern bestimmt werden. ... Außerdem ist es dringend nötig, dem Verwaltungsrat ein ethisches Komitee zur Seite zu stellen, das mit echten Befugnissen ausgestattet ist, das die Verwaltung der Geschäfte begleitet und kontrolliert. ... Auf dem Spiel stehen nicht nur unsere Ersparnisse - was schon Grund genug wäre - sondern die Nachhaltigkeit unserer Demokratie.“

Trud (BG) /

Geldhäusern fehlt das Geld

Die aufkommende Bankenkrise in Europa ist eine Spätfolge der Finanzkrise vom Jahr 2008 und der Niedrigzinspolitik der EZB, analysiert die Tageszeitung Trud:

„Die europäische Wirtschaft und insbesondere das Bankensystem haben die Probleme, die zur Finanzkrise von 2008-2009 geführt haben, nie gelöst. Sie wurden einfach unter den Teppich gekehrt. Es war klar, dass diese Probleme nach der ersten größeren Erschütterung für die EU wieder auftauchen würden. Die riesige Menge fauler Kredite in Europa, die wahrscheinlich bereits eine Billion Euro überschreitet, lastet schwer auf dem europäischen Bankensektor. Diese Kredite, kombiniert mit der Niedrigzinspolitik der EZB, nagen an der Ertragsfähigkeit der europäischen Banken. Sie befinden sich in einer Sackgasse, denn auf der einen Seite müssen sie ihr Kapital erhöhen, um ihre Bilanzen zu bereinigen, doch auf der anderen sind sie nicht in der Lage das Geld zu erwirtschaften, mit dem sie die Kapitalerhöhungen finanzieren könnten.“

Il Sole 24 Ore (IT) /

Bankenrettung hilft nur vorübergehend

Die EU-Bankenregeln sehen offenbar vor, dass Finanzhäuser mit Steuergeldern saniert werden können, wenn ihr Zusammenbruch eine Krise größeren Ausmaßes auslösen könnte. Doch die Rettung einzelner Banken ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, urteilt Il Sole 24 Ore:

„Die europäische Politik, die von Berlin inspiriert ist, wähnte sich in dem Glauben, das Problem mit der Bankenunion gelöst zu haben. ... Die Zeit der Staatshilfen, auf die auch die Franzosen und Deutschen wahllos in den ersten Jahren der Krise zurückgriffen, sollte passé sein. Doch so einfach ist das nicht und das Problem ist wieder einmal nicht nur ein italienisches. Die Banken können sich auf den Märkten kein frisches Geld holen, um sich zu sanieren. Dies zeigt, dass das Problem ein systemisches ist. So unabdingbar gezielte Einsätze sind, um eine System-Krise zu verhindern, ist dennoch wahr, dass diese das Problem nicht an der Wurzel lösen. Es bedarf der Wachstumspolitik.“

RussEurope (FR) /

Jetzt erhält Berlin die Quittung für Austerität

Dass nach Griechenland nun auch Italien tief in einer Finanzkrise steckt, die die Eurozone gefährdet, hat insbesondere Berlin zu verantworten, analysiert der Ökonom Jacques Sapir auf seinem Blog RussEurope:

„Früher oder später kommt die Quittung. Deutschland hat für die Eurozone das Solidaritätsprinzip abgelehnt und seine Interpretation der Regeln durchgesetzt. Nun wird dem Land jedoch bewusst, dass diese Sichtweise für die südeuropäischen Staaten unhaltbar ist. Deutschland steckt also fest zwischen der selbstmörderischen Fortführung einer Politik, die nicht funktioniert, und der Anerkennung seiner Fehler der Vergangenheit. Noch gravierender wird das Problem dadurch, dass Italien deutlich mehr Gewicht hat als Griechenland. Allen ist klar, dass ein Austritt Italiens aus dem Euro die Sterbeurkunde für die Gemeinschaftswährung wäre. Die Griechenlandkrise im Sommer 2015 war erst die Vorspeise, die Italienkrise wird DIE Krise der Eurozone.“

La Stampa (IT) /

Dijsselbloem hat nichts begriffen

Eurogruppen-Chef Dijsselbloem lehnt ein Bankenrettungsprogramm ab. "Die Probleme müssen in den Banken geregelt werden", sagte er am Montag in Brüssel. Damit irrt er gewaltig, poltert La Stampa:

„Es ist kein Konflikt zwischen dem disziplinierten Norden und dem laschen, verlotterten Süden. Sowohl in Bezug auf die Banken, als auch auf die Staatshaushalte ist es der gesamte Entscheidungsprozess Europas, der nicht funktioniert. ... Wenn Eurogruppen-Chef Dijsselbloem Italien als ein Land hinstellt, das auf Abweichungen aus ist, um den Bankiers auf Kosten der Steuerzahler Geschenke zu machen, hat er nichts begriffen. ... Ein Regelwerk ist als solches eine Garantie. Das Problem ist, dass es sich bei unvorhergesehen Ereignissen als unzureichend herausstellen und statt der gewünschten Wirkung ihre exaktes Gegenteil bewirken kann. ... Sowohl die Regel der Bankenabwicklung als auch der Stabilitätspakt basierten auf der Prognose einer raschen Rückkehr zum Wachstum. Dies ist nicht eingetroffen.“

Kurier (AT) /

EZB hat in Italien versagt

Die EZB selbst hat es zu verantworten, wenn die Regeln der Bankenunion für eine Rekapitalisierung italienischer Banken gebrochen werden, klagt der Kurier:

„Die Europäische Zentralbank (EZB) ist sowohl für die Geldpolitik als auch die Bankenaufsicht zuständig. Die Null-Zinsen machen den Banken das Leben schwer, gleichzeitig weiß die EZB seit einer Prüfung im Herbst 2014, dass einige italienische Banken zu wenig Kapital haben. Anstatt diese zur Sanierung zu zwingen oder ihnen den Weg aus dem Markt zu weisen, fordert der Vizepräsident der EZB, Vitor Constancio, nun Staatsgelder für die Kapitalisierung von wackelnden Banken. Das widerspricht den Regeln der neuen Bankenunion, wird also nicht zu mehr Vertrauen in das Funktionieren der EZB führen.“

Kaleva (FI) /

Starre Regeln anpassen

Dass die italienische Regierung die angeschlagenen italienischen Banken mit Steuergeldern stützen will, begrüßt Kaleva:

„Die Linie der italienischen Regierung ist verständlich. Ein Zusammenbruch der großen Banken des Landes würde eine gefährliche Situation heraufbeschwören. Obendrein könnte die Krise eine größere Panik in Europa verursachen. … Auch Finnland hat seine Banken vor einem Vierteljahrhundert mit Steuergeldern kapitalisiert. Abgesehen von den Sparkassen haben die Banken das Geld zurückgezahlt. Ohne diese Hilfen wären die Schäden sehr viel größer gewesen. Regeln sind Regeln, auch in der europäischen Bankenunion. Es scheint aber wieder einmal, dass die Regeln nicht zur Wirklichkeit passen. Dann sollten die Regeln angepasst werden. Falls der italienische Plan der Bankenhilfe eine neue Bankenkrise in Europa verhindert, dann sollte Italien die Banken in dem Maße stützen, wie es nötig ist, um die Krise im Zaum zu halten.“

El País (ES) /

EU darf Italien nicht nachgeben

Renzis Vorschläge zur Lösung der italienischen Bankenkrise sind egoistisch und gefährden die Glaubwürdigkeit des europäischen Finanzsystems, ärgert sich El Páis:

„Renzi will die Ruinen der Banken mit Steuergeldern sanieren und Gläubiger, Großanleger und Aktionäre, davor bewahren, ihren Teil der Kosten zu tragen. ... Am Ende will sich Renzi die Gegenleistungen (Anpassungsprogramme etc.) für eine Bankenrettung ersparen. Italiens Vorhaben ist Unsinn, gestützt von ein paar schwachen Stimmen, die eine Ausnahme mit dem Brexit-Schock und der erpresserischen Hypothese begründen, dass eine Rettung und ihre krampfartigen Folgen der Beppe Grillo-Partei zu mehr Stimmen verhelfen würden. Wenn Italien eine Ausnahme wird, dann darf das auch Portugal werden. Und das bedeutet dann den endgültigen Glaubwürdigkeitsverlust des europäischen Finanzsystems.“

Corriere della Sera (IT) /

Merkel schielt schon auf die Bundestagswahl

Selbst wenn Berlin aus eigenem Interesse genug Gründe hätte die Regeln aufzuweichen, wird Kanzlerin Merkel aus Wahlkalkül hart bleiben, glaubt die Tageszeitung Corriere della Sera:

„Die Einbeziehung der Gläubiger der Bank Monte dei Paschi di Siena ganz oder großteils zu verhindern, würde Merkel anfällig für die Angriffe der Rechten in Deutschland machen. Die AfD würde die Kanzlerin beschuldigen es zuzulassen, dass Italien die europäischen Regeln zerstört, die die Disziplin und das Geld der Deutschen schützen sollen. Ein gutes Jahr vor den Parlamentswahlen ist das ein Preis, den Merkel und Schäuble zu zahlen nicht bereit sind. Da hilft es wenig, dass eine weniger strenge Disziplin in Europa in Kürze der deutschen Regierung helfen könnte, die wachsenden Probleme der Landesbanken und der Deutschen Bank zu lösen. Heute ziehen es die Kanzlerin und ihr Finanzminister eindeutig vor, dass Renzi die politischen Kosten trägt.“