Woher kommt die russische Stalin-Verehrung?

In einer aktuellen Umfrage des unabhängigen russischen Meinungsforschungsinstituts Lewada halten 38 Prozent der Befragten Josef Stalin für die bedeutendste Persönlichkeit der Welt. Diesem folgt dicht auf Präsident Putin und der Dichter Alexander Puschkin landet auf Platz drei. Die staatliche Propaganda trägt ihre Früchte, meinen Kommentatoren.

Alle Zitate öffnen/schließen
Lietuvos žinios (LT) /

Putin hat den Diktator rehabilitiert

Die Idealisierung des Diktators ist in Russland politisch gewollt, erklärt Viktor Denisenko, Wissenschaftler am Warschauer East-Center, in Lietuvos žinios:

„In dem Moment, als Putin an die Macht kam, hat die halboffizielle Rehabilitierung des Diktators begonnen. ... Stalins Bild ist direkt mit der modernen russischen Propaganda-Erzählung vom Sieg [im Zweiten Weltkrieg] verbunden. Dieser ist in Russland Dreh- und Angelpunkt aller Interpretationen der Geschehnisse des 20. Jahrhunderts. Der Kreml nutzt das in breitem Maße aus, besonders seit den bombastischen Feiern zum Tag des Sieges 2006. Der Sieg gegen Nazi-Deutschland wird als die größte Leistung Russlands dargestellt. Moskau unterstützt dieses Narrativ und verknüpft andere Geschichten damit. Der 'Kampf gegen den Faschismus' taucht auch in der aktuellen Rhetorik des Kreml immer wieder auf.“

LSM (LV) /

Gehirnwäsche durch Fernsehen

Für das öffentlich-rechtliche Fernsehen LSM tragen die russischen Medien einen großen Anteil daran, dass die Geister der Vergangenheit auf merkwürdige Weise verklärt werden:

„Die Rehabilitierung des blutigen sowjetischen Diktators Josef Stalin in Russland ist logisch, auch wenn sie uns erstaunt. ... Wie kann man jemanden lieben, der zahlreiche Verbrechen und Millionen getöteter Landsleute auf dem Gewissen hat? ... Dieses Phänomen ist tatsächlich schwer zu verstehen. … Doch bei dieser Gehirnwäsche spielen leider die Medien eine große Rolle und vor allem die wichtigste Propagandawaffe Russlands, das Fernsehen. Allerdings wären ohne eine gewisse vorhandene Grundstimmung solche Resultate nicht zu erreichen.“