Großdemo für ein zweites Brexit-Referendum

Hunderttausende Menschen – die Veranstalter sprechen sogar von mehr als 600.000 – haben am Wochenende in London auf dem People's Vote March für ein zweites Brexit-Referendum demonstriert. Premierministerin Theresa May hatte allerdings schon zuvor klar gemacht: Ein solches wird es nach ihrem Willen nicht geben. Worauf steuert Großbritannien also zu?

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De Morgen (BE) /

May hat sich verrannt

Für De Morgen steigen mit der Großdemo die Chancen weiter, dass die Briten am Ende doch in der EU bleiben:

„Die Europäische Union ist die einzige Institution, die ausreichend kritische Masse hat, um uns gegen die negativen Folgen der Globalisierung zu schützen. May weiß das nur allzu gut, aber weil sie sich verrannt hat in ihr politisches Dogma, kann sie sich nicht mehr von ihrem gesunden Menschenverstand leiten lassen. Das heißt, dass Unfriede und Unruhe in den nächsten Wochen und Monaten zunehmen werden und dass die Spannung unhaltbar wird. Die gute Nachricht ist, dass die Chance jeden Tag realer wird, dass die Briten einfach Teil des Clubs bleiben werden.“

Kauppalehti (FI) /

Eher gibt es Neuwahlen

Kauppalehti glaubt nicht an eine zweite Abstimmung:

„Die EU wäre mit einer Aufhebung des Brexit natürlich einverstanden, aber in Großbritannien ist die Angelegenheit komplizierter. Voraussetzung wäre ein neues Referendum. … Ein neues Referendum ließe sich aber nicht mehr vor Ende März organisieren, wenn der Brexit in Kraft tritt. Die Verlängerung der Frist aus dem Artikel 50 würde Einstimmigkeit der EU-Mitgliedsländer und die Zustimmung des britischen Parlaments voraussetzen. Letzteres würde in dem Land einen politischen Sturm erzeugen. Die Stellung von Premierministerin Theresa May ist so schwach, dass ein Sturz ihrer Regierung und Neuwahlen wahrscheinlicher sind als ein Stopp des Brexit.“

The Sun (GB) /

Was sind ein paar Spaziergänger gegen 17 Millionen?

Keinerlei Veranlassung für eine neuerliche Brexit-Abstimmung sieht The Sun:

„Das Volk hat bereits entschieden. Und zwar im Juni 2016, als 17,4 Millionen Briten für den Austritt aus der EU stimmten. Das relativiert die Hundertausenden, die am Samstag an dem Protestzug teilnahmen, oder etwa nicht? Nur weil sich die Wähler von 2016 damals nicht für einen Nachmittagsspaziergang besonders in Schale warfen, ist ihr demokratischer Beitrag nicht weniger bedeutsam. Die Propaganda-Flugblätter der EU-Befürworter, die vor dem Brexit-Referendum an alle Haushalte verschickt wurden - und die Steuerzahler Millionen Pfund kosteten - machten klar und deutlich, was das damalige Votum bedeutete, denn darin hieß es: 'Die Regierung wird Eure Entscheidung umsetzen.'“